Die Chance
Wir dürfen uns mehr bilden.
Man sagt, meine Generation, die Generation Y, lege weniger Wert auf Karriere, Auto und Eigenheim und stattdessen mehr Wert auf Zeit für sich, Freunde, Familie und die persönliche Entwicklung. Wie passend, dass uns die neuen Medien die perfekten Tools dazu in die Hand geben. Danke! Die Verdichtung von Information und die zunehmende Akzeptanz des Sachverhalts, dass wir uns nur selbst bilden können, führen dazu, dass mehr offene Bildungsangebote jeglicher Form verfügbar sind.
Die Gefahr
Wir müssen uns mehr bilden.
Was passiert, wenn Bildung das neue Auto wird? Wenn wir uns mit Weiterbildungszertifikaten auf unserem Profil schmücken, unsere Badges zur Schau stellen, uns gezwungen sehen, ständig Schritt zu halten mit einer sich optimierenden Gemeinschaft? Das Anti-Ideal heißt: Wissen und Fähigkeiten sind nur noch Ware. Hard Skills. Soft Skills. Erlebnisse werden mit Persönlichkeitsentwicklung gleichgesetzt. Fast-Food-Erlebnisse bestimmen unser Selbstbild. Aufmerksamkeit wird vom Geschenk zur Ware und das letzte Refugium der kreativen Muße wird quantifiziert, sorgt für Zeitstress. Wer unkonventionelle Bildungsziele verfolgt, muss sich rechtfertigen. Ich möchte mich selbst und alle, die diese Gefahr und diese Chance sehen, dazu ermutigen, die neuen Freiheiten neugierig auszuprobieren und sich so gut, wie es geht, gegen Lebenslauf- und Profiloptimierung zu wappnen. Aus dem, was ich als spezifische Eigenschaften des Digitalen sehe, und meinem Bildungsideal ergeben sich für mich außerdem zwei Hinweise auf dem Weg in eine selbst gestaltete Bildung, die ich - etwas unzeitgemäß - als Imperative formuliere.
Der passive Imperativ zeigt auf, wie wir Informationen empfangen sollten. Er fordert, dass wir unsere Aufmerksamkeit zwar nicht als Ware quantifizieren, aber als kostbares Gut achten und dass wir uns im neuen Kollektiv integer bewegen. Der aktive Imperativ zeigt auf, wie wir Informationen senden sollten. Er fordert, dass wir die Beziehungsdimension der Bildung voll und ganz auf positive Weise im neuen Kollektiv verwirklichen. Schließlich ermöglicht gemeinschaftliche, gegenseitige Bildung auch Unabhängigkeit von den Interessen größerer Machtgefüge.
Der passive Imperativ: Sei souverän.
Spätestens jetzt musst du.
Erkenne, was alles möglich ist, und dann gehe nicht unter. Ermächtige dich deines Lernens, deiner Verbreiterung. Du musst auswählen, was für dich wichtig ist. Du musst den Rest links liegen lassen können. Du musst geduldig sein. Du musst dranbleiben. Entscheide dich. Du musst nicht alles selbst können. Finde deine Rolle, dann finde Mitstreiter.
Der aktive Imperativ: Gib etwas zurück.
Du kannst - und das ist neu.
Bastler-Foren. Wikipedia. Styling-Tipps auf YouTube. Open Educational Resources. Couchsurfing. Erkenne, dass die Krone des Lernens darin besteht, etwas zurückzugeben. Umarme das neue Kollektiv wie eine Familie, mit geschätzten Geschwistern, schwarzen Schafen und unliebsamen Onkeln. Trage zur Großzügigkeit bei. Diese zwei Imperative nehme ich mir vor, wenn ich die neuen Wege meiner Bildung beschreite, die vom Digitalen offengelegt wurden.