Lena Rehmann ist Psychologiestudentin aus Heidelberg und hat die unterschiedlichen Erfahrungen aus der Coronakrise zum Mittelpunkt der eigenen Forschung gemacht:
„Am Anfang stand ein Gespräch mit meiner Mitbewohnerin, das mich stutzig machte. Im Lockdown, sagte sie, seien die Studierenden weniger gestresst, weil durch die Onlinelehre alles einfacher werde. In dem Moment habe ich gemerkt, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sein können – mir selbst ging es nämlich genau anders: Ich fühlte mich im Lockdown gestresster als vorher. Und so entstand die Idee, der Sache einmal auf den Grund zu gehen. Ich bin bei uns in Heidelberg an der Abteilung für Gesundheitspsychologie, und dort suchen wir nach Antworten auf genau solche Fragen.
Meine Dozentin hatte schon lange vor dem Lockdown die strukturellen Studienbedingungen untersucht und insbesondere nach den Ressourcen von Studierenden gefragt. Als Ressourcen bezeichnen wir bei uns in der Psychologie Faktoren, die helfen, Herausforderungen gut zu bewältigen – etwa eine hohe Selbstwirksamkeit oder psychische Gesundheit. Daran wollte ich anknüpfen: Als Fragestellung wählte ich, welche Rolle interne und externe Ressourcen beim Einfluss der digitalen Lehre an Hochschulen bezüglich Stresserleben, Zufriedenheit und akademischen Erfolgs der Studierenden spielen. Ich machte also kurzerhand die Situation, in der wir alle feststeckten, zum Gegenstand meiner Forschung.
In den folgenden Wochen entwickelte ich einen Fragebogen, mit dem sich über etliche Seiten hinweg das Befinden der Studierenden erheben lässt. Zwanzig bis dreißig Minuten dauert die Beantwortung, und zunächst habe ich viele Freunde gebeten, die Bögen einmal zur Probe durchzuarbeiten, um mögliche Fehler und Probleme zu finden. Danach habe ich ihn bundesweit an Studierende verschickt, 243 haben geantwortet. Im Mittelpunkt stand ein Vergleich zwischen Präsenz- und Onlinesemester. Eine der Fragen lautete etwa: „Sind Sie zuversichtlich, dass Sie auch im Onlinestudium komplexe Konzepte verstehen?“ Und ich überprüfte die psychologischen Anforderungen des Studiums: „In meinem Studium muss ich schnell arbeiten“ etwa lautete eine These, bei der die Befragten bewerten sollten, inwiefern sie zutrifft.
Das Ergebnis ist ein Überblick darüber, wie sich zum Beispiel das Stresserleben und die Lebens- und Studienzufriedenheit während der digitalen Lehre verändert haben. Was dabei konkret herauskam? Grundsätzlich gibt es einen Zusammenhang zwischen einer hohen Ausprägung von internen und externen Ressourcen bei Studierenden und dem erfolgreichen Umgang mit der digitalen Lehre. Generell war die Zufriedenheit signifikant geringer und das Stresserleben während des digitalen Sommersemesters 2020 signifikant höher als im Wintersemester 2019/2020 – im Durchschnitt zumindest, denn die Fälle wie meine Mitbewohnerin, der die Onlineveranstaltungen nichts ausmachen, gibt es schließlich auch.“
Lena Rehmann, 24 Jahre, ist Psychologiestudentin aus Heidelberg und wurde als Fellow im Programm „MasterLab #TheNewNormal“ vom Stifterverband und von der Heinz Nixdorf Stiftung ausgezeichnet.