Stadt und Wissenschaft
Hochschulen tun daher gut daran, ehrlich und offen über Ortsbindung und „Kopräsenz“ von Studierenden und Lehrenden nachzudenken. Denn gerade universitäre Bildung ist mehr als nur Wissensvermittlung. Sie prägt Persönlichkeiten in einer entscheidenden Lebensphase ganzheitlich. Daher besitzen die lebensweltlichen Erfahrungen, das Miteinander, das Schließen von Freundschaften, das Erweitern von Horizonten in der Studienphase eine so hohe Bedeutung. Aber wenn der eigentliche Wissenserwerb digital und ortsungebunden künftig noch effektiver funktioniert: Was kann dann die Grundlage von ortsgebundener Lehre sein?
Eine Antwort setzt tief an der Strukturlogik von Hochschulen an: Sind Wissenschaftsstandorte denkbar, in denen sich die Lehre nicht allein entlang von Fächern und den Strukturen der Hochschule organisiert und von dort aus gelegentlich an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft andockt? Läge nicht ein großes Potenzial in einem Wissenschaftsstandort, bei dem die Veränderungs- und Transformationsprozesse der Stadt oder der Region in ihrer Vielfalt und Vernetzung das „Boundary Object“ sind, um das herum sich die wissenschaftliche Produktion in Forschung und Lehre organisiert?