Sebastian Thrun, Professor an der Stanford University, wagte im Jahr 2011 ein Experiment: Er bot seine Lehrveranstaltung „Einführung in die künstliche Intelligenz“ als Massen-Online-Kurs, auf Englisch Massive Open Online Course, kurz MOOC, an. 160.000 Teilnehmer meldeten sich an, 23.000 absolvierten ein Onlineabschlussexamen – mehr, als an der Eliteuniversität eingeschrieben waren. Thruns Vorstoß ist ein Erfolgsbeispiel für die Digitalisierung der Hochschulen. Aber obwohl der Wissenschaftler in Deutschland studiert und promoviert hat, sieht Lehre in Deutschland noch ganz anders aus, bestätigt auch Mehdi Andre Bappert. „Ich war mal mit drei Freunden in einer Physikvorlesung. Da waren viele Zuhörer mit ihren Handys beschäftigt, während der Professor vorne eine One-Man-Show geliefert hat.“ Der Student im Fach Software Engineering an der Berliner CODE Universtiy of Applied Science kritisiert, dass die klassische Lehre Studierende zur Passivität zwingt. Stattdessen könnten sie auch – wie an seiner Hochschule üblich – in Projekten arbeiten, in denen sie das Gelernte auf konkrete Problemstellungen anwenden, innovative und vielleicht auch unternehmerische Ideen entwickeln. „Aber dafür gibt es im Normalfall leider keine Creditpoints.“
Ein Grund für Bappert, seine Ideen zur Umgestaltung der Hochschullehre bei der Themenwoche „Shaping the Digital Turn“ im September 2018 in Berlin zu äußern. Das Hochschulforum Digitalisierung (HFD), eine Initiative des Stifterverbandes, des CHE Centrums für Hochschulentwicklung und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), hatte zu der Veranstaltung Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen eingeladen. Sie alle machen sich stark für den digitalen Wandel und kamen in verschiedenen Teilveranstaltungen zusammen, um in interdisziplinären Teams ihre Visionen zu entwickeln.