Für Corinna Scholz war die Einrichtung des Stipendiums fürs Anderssein ein Glücksfall. So vieles hatte sie zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung bereits verwunden. Statt der Hauptschulempfehlung der Lehrer zu folgen, besuchte sie die Realschule. Färbte sich die Haare mal blau, mal grün und wurde gemobbt in einer Zeit, als die Eltern die Raten für ihr Haus nicht mehr aufbrachten und Insolvenz anmeldeten. Sie stand die Zwangsversteigerung ihres Zuhauses durch. War versetzungsgefährdet. Zog mit den Eltern nach Gottmardingen um. Wagte den Neuanfang in einer neunten Realschulklasse, unterstützt vom dortigen Schuldirektor. Sie erlebte Spannungen zu Hause, ertrug die Scheidung ihrer Eltern. Geld fehlte immer, bei den Schulaufgaben half niemand. Aber ihre Leistungen wurden stabil. Sie fühlte sich an der neuen Schule wohl, ihren Notenschnitt verbesserte sie innerhalb eines Jahres von vier auf zwei. „Da ist halt ein Knopf aufgegangen“, sagt sie.
Nach einem 2,0-Abschluss an der Realschule befand ein Berufsberater, dass Corinna Scholz geeignet sei fürs Abitur. „Abitur, ich?“, dachte sie. Das war etwas, das überhaupt nicht zusammenzupassen schien. Die Mutter, die gerade mal den Hauptschulabschluss hatte machen dürfen. Der Vater, der Fahrschullehrer und kaum zu Hause war. Heute, nach dem Abitur an einem technischen Gymnasium und der Aufnahme an der Zeppelin Uni, lacht sie über ihre Skepsis. Sie hat zwar keine Abinote erreicht, auf die sie besonders stolz ist. Aber sie weiß, worauf es an der Zeppelin Universität ankommt: Auf die ihr eigenen Ressourcen. „Wir haben in meiner Familie nie aufgegeben. Wir machen immer das Beste aus unserem Leben. Natürlich klag‘ ich auch mal. Aber ich steh‘ halt immer wieder auf.“
Im Aufnahmegespräch, erzählt Corinna Scholz, wollte sie vor allem eines sein: sie selbst. Sie war es so sehr, dass sie kurz weinen musste. „Ich habe vom Mobbing erzählt, von der Insolvenz, all das. Und dann wurde mir gesagt: Ihr Weg ist schon etwas Besonderes. Ich habe den Respekt gespürt, den man vor mir hatte. Darum sind die Dämme gebrochen.“ Vielleicht, stellt sie sich vor, wird sie einmal eine Kunstgalerie leiten. Sie liebt Kunst. Schon als kleines Mädchen hatte sie immer einen Pinsel in der Hand. Sie hat eine Leidenschaft – und nun die Möglichkeit, vier Jahre mit dieser Leidenschaft zu studieren. Dass sie sich engagieren wird: keine Frage. „Ich habe diesen Superstudienplatz bekommen“, sagt sie. „Und will mein Bestes geben.“