Neuer Forschungswind
Der Stifterverband begrüßte den Wettbewerb, den die Privaten in die deutsche Hochschullandschaft brachten, und förderte beispielsweise den Aufbau der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Witten/Herdecke. Dass private Hochschulen die strukturellen Probleme der wissenschaftlichen Ausbildung in Deutschland würden lösen und bedeutende Forschungskapazitäten aufbauen können, glaubte der Stifterverband aber nicht. 1985 waren die Würfel gefallen – statt auf einen neuen Hochschultypus wollte der Verband mit Volldampf auf einen neuen Typus Professur setzen: die Stiftungsprofessuren. Zunächst von Unternehmen, Stiftungen oder privat finanziert, sollten sie den dringend benötigten frischen Forscherwind und neue Köpfe mit neuen Themen in die Hochschulen bringen – und dort im besten Fall mit hochschuleigenen Mitteln verstetigt werden.
Das neue Förderinstrument traf damals gleich doppelt den Nerv der Zeit, denn tatsächlich gab es für die rund 1.000 Wissenschaftler, die sich Mitte der 1980er habilitierten, kaum Stellen. Das war der Altersstruktur der amtierenden Professorengeneration an den Hochschulen ebenso geschuldet wie klammen öffentlichen Haushalten. 1984 schlugen deshalb die großen Wissenschaftsorganisationen der Bundesrepublik mit einem Memorandum an die Politik Alarm. Sie forderten die Einrichtung von mindestens 200 neuen Professorenstellen pro Jahr, um jungen Spitzenforschern eine Perspektive zu bieten. Doch Reformen griffen viel zu langsam. In diesem Umfeld stieß das neue Programm des Stifterverbandes auf breite Zustimmung bei Politik und Hochschulen.
1985 gingen die ersten 104 Anträge von 42 Hochschulen ein. 1986 wurden vom Stifterverband erstmals 20 Stiftungsprofessuren an 16 Hochschulen bewilligt. Mit ihnen entstanden viele neue Studienfächer und Forschungsschwerpunkte. So kam beispielsweise bereits 1987 eine Professur für Umwelttechnik nach Bremen, in Tübingen ließ sich ab 1989 Gesundheitsökonomie studieren und in Wilhelmshaven Software-Engineering. Bis heute gibt es verschiedene Modelle von Stiftungsprofessuren: von der neu eingerichteten Professur über die vorgezogene Berufung bis zur Juniorprofessur und Stiftungsgastprofessur für Wissenschaftler aus dem Ausland.