1916 wurde er ins Reichsernährungsamt abkommandiert, wo er als enger Mitarbeiter General Groeners tatsächlich Aufgaben von nationaler Bedeutung zu bewältigen hatte, was ihm allgemeinen und überparteilichen Respekt verschaffte. Denn die reichsstädtischen Ideen von Gemeinnützigkeit sollten ja den immer mächtiger werdenden Geist der Parteilichkeit und der beschränkten Interessen gerade in wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten überwinden. Richard Merton kannte – wie es sich Wilhelm II. im August 1914 erhoffte – nur noch Deutsche. Er kam mit Sozialdemokraten und Gewerkschaftsfunktionären zuweilen besser zurecht als mit Deutschnationalen wie Alfred Hugenberg, die überhaupt keinen sittlichen Begriff von der Nation hatten, was ihn erschütterte. Der Frankfurter Bürger Merton wehrte sich auch öffentlich vehement gegen Bürger, die ihr bürgerliches Gewinnstreben als Dienst für die Nation ausgaben.
Berühmt wurde Richard Merton durch seine Denkschrift im Sommer 1917 zu den „Kriegsgewinnlern“ unter den Unternehmern, vor allem in der Schwerindustrie an Rhein und Ruhr, die den Krieg als große Chance auffassten, ungemeine Geschäfte zu machen und die Nation als Vorwand zu gebrauchen, um sich schamlos zu bereichern. An der Ruhr galt er seitdem als Sozialist, dabei empörten ihn im Winter 1918/19 und danach die Schieber und Revolutionsgewinnler nicht minder. Der Kapitalist Merton erinnerte beharrlich daran, dass das Kapital ohne sittliches Fundament seine Vertrauenswürdigkeit und seinen moralischen Kredit einbüßt. Ein Kapitalist solle nach Ansicht Mertons nach Gewinnen streben, sonst würde er ja seine Pflichten vernachlässigen, aber er sei auch dazu angehalten, wolle er nicht als Spekulant jedes Ansehen verlieren, seinen Nutzen in einen Vorteil für die Allgemeinheit zu verwandeln. Die ökonomische Währung sah er immer im Zusammenhang mit einer ethischen. Der sittliche Goldstandard beruhte für ihn auf einer festen Moral, stabil wie das Edelmetall.
Nach dem Krieg ließ sich Richard Merton in den Frankfurter Stadtrat wählen, um für Ordnung in den Finanzen zu sorgen und für solides Wirtschaften, weil Gemeinnützigkeit nur auf berechenbaren und zuverlässigen Grundlagen möglich sei. Das stieß bei pragmatischen Sozialdemokraten eher auf Verständnis als bei liberalen Schwärmern von einem neuen Frankfurt mit neuen Menschen in einer neuen Gesellschaft. Solch ein neues Frankfurt ließ sich nicht mehr mit den Vorstellungen von Allgemeinwohl vereinbaren, an denen Merton in der Nachfolge seines Vaters festhielt. Gegen soziale und wirtschaftliche Utopien wehrte sich der liberale Praktiker und Frankfurter Merton vehement. Er wollte kein unbestimmter Mensch sein, sondern ein Frankfurter bleiben, ohne deswegen den lokalpatriotischen Glaubenssatz zu übertreiben: „Der beste Mensch is e Ärjeniß/ wann er net aach von Frankfort is“, wie der Frankfurter Dichter Friedrich Stoltze schrieb. Als Nationalliberaler, überall beachtet, war die Nation dennoch die für ihn entscheidende Ordnungsmacht.