Mit dem PUSH-Memorandum 1999 sollten verschiedene Ziele im Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erreicht werden (PUSH: Public Understanding of Sciences and Humanities). Ein paar Stichworte, die das Papier durchziehen: Erstens, das Thema Begeisterung für Wissenschaft. Damit wurde ein Thema adressiert, das vor 20 Jahren und auch heute noch relevant ist, nämlich, dass es in bestimmten wissenschaftlichen Fächern, gerade in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern, zu wenig Nachwuchs gibt. Zweitens, das Thema Transparenz und Legitimation von Wissenschaft in einem gesellschaftlichen Umfeld, das viel Geld in die Wissenschaft investiert. Drittens das Thema Wissensvermittlung, im Papier adressiert mit Begriffen wie „Experten-Laien-Kommunikation“. Auf einer Meta-Ebene betrachtet lässt sich sagen: Das PUSH-Memorandum schwankt durchgehend zwischen zwei Kommunikationszielen: zum einen Verständnis für Wissenschaft wecken und zum anderen Verständigung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft betreiben. Verständnis und Verständigung brauchen aber sehr unterschiedliche Kommunikations-Modi: Der dominierende Kommunikations-Modus für Verständnis ist Erklärung, der dominierende Kommunikations-Modus für Verständigung ist Verhandlung.
Wenn man sich anschaut, was in den vergangenen 20 Jahren passiert ist, dann wird deutlich, dass für das Gebiet der Erklärung – also „wie vermittle ich wissenschaftliche Forschung und Ergebnisse an die Bevölkerung" – mit großem Erfolg und viel Aufwand der Kommunikationsabteilungen der Wissenschaftsinstitutionen ein Übermaß an Formaten entwickelt worden ist. Man kann pointiert sagen: Es gibt kaum einen Marktplatz in Deutschland, wo nicht Wissenschaft auf die Straße gegangen ist und in vielen Formaten Expertenwissen mit der Gesellschaft ausgetauscht hat. Das ist erfolgreich passiert, da gibt es kaum eine Lücke.
Und doch sprechen aktuell viele von einer Krise der Wissenschaftskommunikation. Von einer wachsenden Wissenschaftsfeindlichkeit in der Gesellschaft, eingebettet in eine insgesamt wachsende Elitenkritik. Die Veränderungen, denen sich die Wissenschaft stellen muss, sind selbstverständlich unmittelbar mit Transformationsprozessen in vielen anderen Gesellschaftsbereichen verknüpft. Zum Beispiel mit einem rasanten Transformationsprozess der Medien. Nicht nur darbt der Wissenschaftsjournalismus – viel gravierender sind insgesamt Tendenzen der Hysterisierung, der Egalisierung, der Skandalisierung, der Kommentierung und Moralisierung in den Medien, in denen gut recherchierte Berichterstattung und Tiefgründigkeit ins Hintertreffen geraten. Auch die Gesellschaft hat sich rasant gewandelt in den vergangenen 20 Jahren: Themen wie Transparenz und Partizipation haben eine ganz andere Konjunktur als um die Jahrtausendwende. Und schließlich hat sich auch die Wissenschaft verändert. Sie stößt mit Themen wie Künstliche Intelligenz oder den gentechnischen Entwicklungen in den Lebenswissenschaften in die Tiefen von Manipulationen und Kreationen von sich selbst regulierenden und vom Menschen kaum noch zu kontrollierenden Systemen vor, die den in der Öffentlichkeit und der Politik insgesamt wahrgenommenen Kontrollverlust über das, was da „um uns herum passiert“ zusätzliche Nahrung geben.