Sie haben mal gesagt: „Ich versuche zu verstehen, wie das Denken im Hirn entsteht“. Wenn ein Laie Sie das fragen würde, was würden Sie ihm antworten?
Denken muss man auf zwei Ebenen studieren. Da ist zunächst die abstrakte Ebene, die wir in der klassischen Psychologie untersucht haben. Es gibt eine Grammatik des Denkens, Mechanismen des Denkens, Regelhaftigkeiten. Und dann wird das Denken im Gehirn generiert. Und das ist die biologische, die nasse Ebene des Denkens. Diese beiden Ebenen sind miteinander verknüpft. Die nasse Ebene schafft die abstrakte Ebene. Aber wie die Abbildung zwischen diesen zwei Ebenen eigentlich geschaffen ist, das verstehen wir bei weitem noch nicht. Und das ist genau mein Fachgebiet, die biologische Psychologie. Ich versuche zu verstehen, wie diese Regelhaftigkeiten im Gehirn abgebildet sind und wie auch die Sprache wieder auf das Gehirn zurückwirkt.
Sie arbeiten sehr viel mit Vögeln, insbesondere mit Tauben. Was ist das Besondere an Tauben?
Die meisten Menschen wissen nicht, ist, dass die Taube eines der Standardversuchstiere in der Psychologie ist. Menschen gehen zum Psychologen und fragen zum Beispiel nach einer Verhaltenstherapie. Sie wären wahrscheinlich geschockt, wenn sie wüssten, dass die Grundlagen der Verhaltenstherapie zum größten Teil aus Experimenten an Ratten und Tauben resultieren.
Die ganzen Lerngesetze, Gedächtnisgesetze stammen zum größten Teil aus Untersuchungen an diesen zwei verschiedenen Tieren. Im Gegensatz zu Ratten sind Tauben aber sehr visuell orientiert und sie lernen ununterbrochen mit einer enormen Frustrationsresistenz. Sie sind sehr beamtenhaft. Man gibt ihnen eine Aufgabe und sie sind stundenlang mit dieser Aufgabe beschäftigt und geben niemals auf. Sie brauchen nur ab und zu ein paar Futterkörner, dann sind sie immer dabei. Und das ist natürlich für einen Experimentator großartig.