Die digitale Revolution ist vorbei. Diese etwas steile These hat der Medienwissenschaftler Nicholas Negroponte schon 1998 in der Zeitschrift Wired aufgestellt. Er wollte damit nicht abstreiten, dass die Digitalisierung immer neue Technologien und Produkte hervorbringen würde, wie sie es bis heute tut. Aber er machte schon damals deutlich, dass Digital das neue Normal ist. Die wirklich überraschenden Veränderungen liegen Negroponte zufolge nicht nur in der Technologie, sondern darin, „wie wir gemeinsam unser Leben auf diesem Planeten gestalten“.
Ich glaube, dass Bildung bei dieser Gestaltungsaufgabe ein wesentlicher Faktor ist, und zwar durchaus Bildung im Humboldt’schen Sinne. Zugleich stimme ich dem Informatiker Joseph Weizenbaum zu, der Lesefähigkeit, Skeptizismus und Kritikfähigkeit als Voraussetzungen dafür nennt, das Medium Internet sinnvoll zu nutzen – und in meinen Augen auch dafür, sich zu selbstbestimmten, selbstdenkenden und damit zu freien Individuen zu entwickeln. Daraus würde ich aber eben nicht ableiten, dass Computer aus Klassenzimmern zu verbannen sind. Sondern eher dass das Bildungssystem erweitert werden muss um die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, die in der digitalen Welt wichtiger werden und nützlich sind. Das erschließt sich leicht durch den Blick auf die zu gestaltenden Objekte: unsere Welt. Unser Leben. Vor allem: unser Zusammenleben. Denn all das ist bereits digital und wird noch digitaler. Wir müssen also auch unseren Kindern digitale Angebote machen, um Begegnungen mit dem Digitalen zu ermöglichen, das Lernen zu erleichtern und so zur Bildung beizutragen.
Die Digitalisierung hält Einzug in alle unsere Lebensbereiche. Wir haben den Farbfilm schon lange vergessen. Wir lesen E-Books. Wir sprechen mit unseren Mitmenschen – und mit unserem Smartphone. Wir kaufen online ein. Wir navigieren digital. Wir produzieren vernetzt. Die Digitalisierung schreitet rasant voran. Wer vor wenigen Jahren von der Vision selbstfahrender Fahrzeuge gesprochen hat, sollte nach Ansicht einiger Zuhörer eher zum Arzt gehen als in die Autoindustrie. Und heute? In wenigen Jahren werden Roboter – nichts anderes ist ja so ein Fahrzeug – noch ganz andere Aufgaben übernehmen können. Und die Maschinen lernen. Wie wir Menschen entwickeln sie sich im Laufe ihres Lebens weiter. Sie werden vielleicht nicht weise, aber vielseitiger. Die Grenzen ihrer Einsetzbarkeit verschieben sich. Und sie erschließen oder eröffnen neue (Gestaltungs-)Räume.