Wer bereitet die Bewerber denn auf die überfachlichen Anforderungen vor? Übernehmen das auch die Hochschulen?
Die Hochschulen sollten dabei in jedem Fall eine tragende Rolle spielen. Sie sollten ihre Studierenden darauf vorbereiten, dass sie später nicht wie bei der Promotion drei Jahre Zeit haben, sondern schnell Entscheidungen treffen und dazu stehen müssen. Um das zu vermitteln, begrüßen wir die zunehmende Verzahnung von Universität und Wirtschaft, von der beide Seiten profitieren. Praktikanten und Werkstudenten lernen unser Unternehmen und die Dynamiken noch während des Studiums kennen, und diejenigen, die bei uns Studienarbeiten erstellen oder promovieren, vereinen in ihren Arbeiten die Anforderungen von Wissenschaft und Wirtschaft.
Das klingt alles sehr praktisch orientiert. Was ist mit dem Bildungsaspekt, sollte man an der Universität nicht vor allem das selbstständige Denken und Hinterfragen lernen und eher breit ausgerichtet sein?
Da stimme ich voll und ganz zu, auch das sollte man an einer Universität unbedingt lernen, aber das eine schließt das andere ja nicht aus. Die von mir angesprochenen überfachlichen Kompetenzen gehen ebenso mit Bildung und selbstständigem Denken einher. Auch die Tendenz, dass viele Unis ihre Studierenden dazu anhalten, in kleinen Teams zusammen etwas zu entwickeln und gemeinsam das Ergebnis zu präsentieren, begrüßen wir ausdrücklich. Ebenso Angebote der Unis wie das Studium generale, das den Horizont der Studenten öffnet. Der Kontakt zu den Unternehmen steht dem nicht im Weg, sondern erweitert die Perspektive nur noch mehr, wiederum für beide Seiten: Auch wir lernen ständig von den Hochschulen.
Die Hochschulen haben sich in den vergangenen Jahren ja besonders durch die Bologna-Reform grundlegend verändert. Vor allem das Konzept des Bachelors mit in der Regel nur sechs Semestern ist bis heute umstritten. Wie kommen die Bachelorabsolventen bei Ihnen an?
Wir haben von Anfang an die Initiative „Bachelor welcome“ unterstützt. Und ich kann heute ohne Zögern sagen: Der Bachelor ist ein voller Erfolg, wir haben mit den eingestellten Bachelorabsolventen nur positive Erfahrungen gemacht.
Inwiefern waren Sie denn so zufrieden mit den Bachelorstudierenden? Sie haben schließlich weniger Fachwissen als ein Master- oder Diplomabsolvent. Ist der Vorteil der Bachelorstudierenden, dass sie jünger sind?
Das Alter spielt eher eine untergeordnete Rolle. Bachelor heißt ja nicht, dass die Studenten durch ihr Studium durchhetzen müssen. Im Gegenteil. Man muss den Bachelor als Student schon selbst gestalten. In vielen Fällen ist uns ein Absolvent lieber, der ein Semester länger gebraucht hat, weil er in der Zeit zum Beispiel Praktika oder eine längere Projektarbeit gemacht hat. Was die Bachelorabsolventen für uns so attraktiv macht, ist die Tatsache, dass sie eine Lücke schließen: Es gibt bei uns – und wohl in jedem anderen größeren Unternehmen auch – zahlreiche Positionen, für die ein Bewerber mit einer Berufsausbildung unterqualifiziert und ein Bewerber mit einem Master oder gar einer Promotion überqualifiziert ist. Ein Bachelorabsolvent hingegen passt ideal in solche Positionen. Von hier aus kann er sich dann weiterentwickeln.