Christof Schöch ist Romanist und sein Alltag an der Uni sah früher so aus wie der vieler seiner Kollegen. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, schlug seine Bücher auf und vertiefte sich in französische und spanische Geschichten und Gedichte. Auf diese Weise ging er den Texten des Schriftstellers François Bon auf den Grund und promovierte über den französischen Roman im Zeitalter der Aufklärung. Ganz traditionell. Heute ist Schöch Professor für Digital Humanities an der Universität Trier. Die Texte von Denkern und Dichtern liest er jetzt auf dem Bildschirm und erforscht sie in großer Dimension: ganze Stapel von Büchern auf einmal, zusammengefasst in digitalen Dateien – indem er Computerprogramme darüber laufen lässt.
Digital Humanities, das sind computergestützte Forschungsmethoden in den Geistes- und Kulturwissenschaften: Sie zählen zu den Raritäten im Fächerkanon der deutschen Hochschulen. Fast 20.000 Studiengänge bieten die knapp 400 Hochschulen der Bundesrepublik insgesamt an, gerade einmal 15 Treffer listet die Webseite des Hochschulkompasses auf, wenn man das neue Fach in das Suchfeld eingibt. In Trier zum Beispiel, in Leipzig und Stuttgart, in Regensburg, Würzburg und München kann man digitale Geisteswissenschaften studieren. Viele Kollegen von Schöch stehen der „Data-Science“, dem wissenschaftlichen Extrahieren von Informationen aus digitalen Daten, skeptisch gegenüber. Forscher wie Schöch hingegen, die die neuen Methoden für sich entdeckt haben, sehen darin viele neue Möglichkeiten, Literatur, historische Texte oder auch Musik zu ergründen.