Sie haben einmal gesagt: Wer Software entwickelt, verändert die Gesellschaft. Sollte uns das Angst machen, weil es Funktionierendes auf den Kopf stellt, oder ist es eine Chance, weil es Überkommenes durchbrechen kann?
Erst einmal muss ich einschränken: Nicht jede neue Software verändert die Welt. Aber es gibt die Software, die unsere Interaktion beeinflusst; die plötzlich Personen mächtig macht, die es vorher nicht waren. Ich glaube, dass wir im Moment sehr viele unbeabsichtigte Nebenwirkungen sehen von Software, die die Welt gestaltet – zum Beispiel solche, die Fake News verbreiten helfen oder Filterblasen entstehen lassen.
Warum sind diese Nebenwirkungen so stark – manchmal stärker als die eigentlich beabsichtigen Wirkungen?
Das liegt unter anderem am sogenannten Collingridge-Dilemma. Es beschreibt, dass zu Beginn einer neuen Technologie noch nicht absehbar ist, welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen sie haben wird. Und weil sehr schnell sehr viele Menschen diese Technologie nutzen, ist es schwierig, sie später wieder geradezurücken. Das sehen wir im Moment bei den Suchmaschinen, den sozialen Netzwerken und so weiter. Bei dieser Art von Software braucht man Sozioinformatikerinnen und -informatiker, die gleichzeitig Mensch und Maschine im Blick haben. Daher bilden wir Studierende in unserem neuen Studiengang Sozioinformatik dafür aus.
Warum sind Sie trotz aller Nebenwirkungen so positiv eingestellt gegenüber der KI?
Ich würde mir wünschen, dass wir uns mehr auf die positiven Aspekte konzentrieren, denn mit Software könnte man eine großartige Gesellschaft organisieren. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass wir mehr darüber nachdenken, was wir mit der KI anstellen könnten, die risikoarm ist. Wie viel könnten kleine Mittelständler von guten Übersetzungsprogrammen profitieren, um neue Märkte zu erschließen. Wir alle werden bald unsere Geräte direkt per Stimme ansteuern können – und das kann man übrigens auch so programmieren, dass dabei die Daten nicht weitergegeben werden. Und im Gespräch mit einem spastisch Gelähmten haben wir uns gefragt, warum es noch keine autonomen Rollstühle gibt, die einen heimfahren, wenn man sagt: „Ich bin müde – fahr mich heim!“ Nach diesen Ideen sollten wir suchen, und wir alle würden davon profitieren, wenn wir sie gezielt verfolgten.