Forschungskooperation im Verbund

Future Lab: Kooperationsgovernance
Diskussionspapier 6

Forschungskooperation im Verbund (Cover)
  • Die Akteure in Forschungsverbünden müssen sich auf gemeinsame Ziele des Verbundes verständigen. Um kooperative Forschung erfolgreich zu gestalten, ist ein Gleichgewicht zwischen gemeinsamen Zielen und den auf Sichtbarkeit und Eigenständigkeit gerichteten Individualinteressen der Forschenden anzustreben.
  • Bei Kooperationen in Forschungsverbünden lassen sich sieben zentrale Probleme erkennen. Sie treten in der Regel nicht einzeln auf, sondern bedingen und beeinflussen sich wechselseitig.
  • Die zentrale Stärke kooperativer Forschung – die Heterogenität von Kompetenzen, Wissensbeständen und Perspektiven – ist zugleich eine ihrer größten Herausforderungen: Sie erschwert die wechselseitige Verständigung der Forschenden und somit auch das Erreichen gemeinsamer Ziele.
  • Durch ein stärker professionalisiertes und besser ausgestattetes Verbundmanagement können Kooperationsprobleme vermieden oder die negativen Effekte solcher Probleme abgeschwächt werden.
  • Ein dauerhaftes und auf der Organisationsebene angesiedeltes Wissenschaftsmanagement kann eine wichtige Supportstruktur für den Verbund darstellen.

Die Forschung in Kollaborationszusammenhängen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Durch die Verknüpfung von Kompetenzen und Erfahrungen, die gemeinsame Nutzung kostenintensiver Ressourcen und die Zusammenführung unterschiedlicher disziplinärer Sichtweisen werden Synergieeffekte erzeugt und innovative Forschungsvorhaben befördert. Die Zusammenarbeit von Forschenden beinhaltet jedoch auch Risiken. Zurückzuführen sind diese Risiken auf Rahmenbedingungen und Strukturmerkmale, die Forschungsverbünde und die Zusammenarbeit der Beteiligten kennzeichnen.

Das Projekt DEKiF ("Determinanten und Effekte von Kooperationen in homogenen und heterogenen Forschungsverbünden") untersucht im Rahmen unterschiedlicher Teilstudien die Durchführung von Verbundforschung. Gegenstand sind Personenverbünde, die zumeist als drittmittelfinanzierte Forschungskooperationen organisiert sind. Hierbei werden homogene Kooperationen – Verbünde, in denen Organisationen beteiligt sind, zu deren primären Zielen die Forschung gehört – und heterogene Kooperationen, an denen neben Forschungsorganisationen auch privatwirtschaftliche Akteure, (Interessens-)Verbände oder administrative Organisationen beteiligt sind, unterschieden. Das Ziel ist die Kartierung von Kooperationsproblemen sowie die Identifizierung von Ursachen und Lösungsansätzen. Gefragt wird außerdem nach den Auswirkungen von Kooperationsproblemen auf den Erfolg von Forschungsverbünden.

Die Häufigkeit, mit der Kooperationsprobleme das Gelingen einer Zusammenarbeit in Forschungsverbünden beeinträchtigen, lässt sich empirisch nur eingeschränkt beurteilen. Nach den Ergebnissen der Onlinebefragung bewerten ein Drittel der befragten Verantwortlichen in der Projekt- und Verbundleitung die Zusammenarbeit als "sehr gut" und 56 Prozent als "eher gut". Demgegenüber bewerten zehn Prozent die Zusammenarbeit als "eher schlecht" und lediglich ein Prozent kommen zu der Bewertung „sehr schlecht“. Wenn eine negative Bewertung der Zusammenarbeit vergleichsweise selten erfolgt, bedeutet dies jedoch nicht, dass kein Handlungsbedarf erkennbar wäre. Denn auch bei einem eher seltenen Auftreten von Problemen können diese den gemeinsamen Erfolg von Forschungsverbünden maßgeblich negativ beeinflussen.

Um Hinweise zu präventiven und intervenierende Maßnahmen zu generieren, führt dieses im September 2022 veröffentlichte Diskussionspapier die Ergebnisse der Teilstudien zusammen. Es stellt Problemwahrnehmungen und Lösungsansätze heraus und fragt nach den Effekten hinsichtlich des Erfolgs von Kooperationen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse werden Empfehlungen für die künftige Gestaltung von For-schungsverbünden formuliert, die sich an Akteurinnen und Akteure in der Forschungsförderung, Vertreterinnen und Vertreter des Wissenschaftsmanagements und der Wissenschaftspolitik sowie an Forschende selbst richten. Hierbei werden auch Ergebnisse eines Workshops berücksichtigt, den DEKiF im Januar 2022 durchgeführt hat und an dem viele Personen teilgenommen haben, die in verbundförmig organisierter Forschung tätig sind. Die Ausführungen orientieren sich an dem idealtypischen Modell eines "Lebenszyklus" projektförmig organisierter Verbundforschung, das vier Phasen (Orientierung, Konfiguration, Umsetzung und Evaluation) unterscheidet:

Lebenszyklen projektförmig organisierter Verbundforschung (Grafik)
Lebenszyklen projektförmig organisierter Verbundforschung

 
Im Folgenden werden zunächst für jede Phase die wichtigsten Herausforderungen herausgearbeitet. Dem liegt eine Systematisierung von sieben Typen von Kooperationsproblemen zugrunde, die sich in den empirischen Studien als relevant herausgestellt haben:

  • Beziehungsprobleme (belastende persönliche Beziehungen)
  • Commitment-Probleme (zu geringes kooperatives Investment von Beteiligten)
  • Differenzprobleme (zu große Differenzen zwischen Beteiligten im Verbund)
  • Fairnessprobleme (unfaire Verteilung von individuellen Aufwänden und Erträgen)
  • Kommunikationsprobleme (unzureichende Kommunikation zwischen Mitgliedern und Führung)
  • Managementprobleme (mangelnde Führungskompetenz)
  • Sicherheitsprobleme (zu hohe Risiken durch Verhalten von Beteiligten)

Von besonderer Bedeutung ist hierbei die wechselseitige Beeinflussung von Kooperationsproblemen, die im Folgenden näher erläutert wird. Zunächst gehen wir auf die sich in jeder Phase anders darstellenden Problemlagen ein. Anschließend werden die Lösungsstrategien der von uns befragten Akteure dargestellt und Empfehlungen formuliert.

Die Autorinnen und Autoren

Malte Hückstädt
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

Melike Janßen
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

Axel Oberschelp
Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

Nick Wagner
Stifterverband

Mathias Winde
Stifterverband

Carina Weinmann
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf