Die sozialen Medien sind heute Kanäle, über die sich auch schlechte Erfahrungen aus dem Wissensbetrieb Bahn brechen, warnt Claudio Paganini, der als Doktorand am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam forscht, mit Herz und Seele, wie er sagt, in einem faszinierenden Beruf und Themenfeld. Er weiß aber auch: „Wenn viele, die in Labors gearbeitet haben, am Ende des Doktorats rausgehen und sagen: Ich will mit Wissenschaft nie wieder etwas zu tun haben, weil das drei Jahre Sklavenarbeit unter schlechten Bedingungen waren, vieles auch nicht so koscher war, wie es scheint, und letztendlich alles bloß auf den Publikationsindex getrimmt wurde, dann sind das relativ wichtige Kommunikatoren, die gehört werden.“
Der Ton wird nicht nur im Netz rauer, sondern auch auf dem Campus bei öffentlichen Debatten. Elisabeth Hoffmann, Pressesprecherin der Technischen Universität Braunschweig, hat es oft erlebt: „Prinzipiell sind solche kontroversen Auseinandersetzungen über wichtige Themen natürlich gut, das Problem ist aber, dass diese Diskurse sehr schnell emotional und zum Teil auch aggressiv werden können – und davor haben wir in den Universitäten eigentlich alle Angst, auch die Wissenschaftskommunikatoren, mich eingeschlossen.“ Im Kopf wüssten alle, wofür sie stehen, wofür sie eintreten, wofür sie beim March for Science auf die Straße gegangen sind, erzählt Hoffmann. „Aber wir sind noch nicht darin geübt, das wirklich mit denen zu verhandeln, die uns in der Öffentlichkeit massiv attackieren.“ Es zu können, sollte dringend trainiert werden, fordert die Pressesprecherin, da theoretisches Wissen in solch aufgeheizten Situationen kaum weiterhelfe.
Auch Annette Leßmöllmann, Leiterin des Lehrstuhls für Wissenschaftskommunikation mit dem Schwerpunkt Linguistik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), rät, sich mehr auf konfrontative Situationen vorzubereiten. Hierfür müsse sich jeder Wissenschaftler selbst die harten Fragen stellen, beispielsweise warum sie oder er Tierversuche in der Arbeit einsetze, zu künstlicher Intelligenz oder zum autonomen Fahren forsche. „Das Argument, ich tue es, weil es der Forschung oder der Gesellschaft nützt, reicht nicht aus, da muss mehr kommen.“ Leßmöllmann glaubt, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf habe, diese Grundannahmen oder stillen Annahmen von Wissenschaftlern, Wissenschaftsjournalisten und Forschungs-PR-Abteilungen zu erfahren. „Das heißt ja nicht, dass man sie zum Abschuss freigeben muss. Man sollte sich diese Grundannahmen aber selbst bewusst machen und dann auch gut argumentativ vertreten können.“