Vor diesen Herausforderungen stehen ja auch viele Forschungseinrichtungen tagtäglich, wenn sie ihre Ergebnisse erläutern wollen. Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Wissenschaftskommunikation hören?
In erster Linie denke ich an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die …
Moment, Moment: Ich hätte fast gewettet, dass Sie jetzt Attribute wie ‚dröge‘ oder ‚langweilig‘ aufführen.
Warum denn ‚dröge‘? Ich finde, Wissenschaftskommunikation ist vor allem unglaublich wichtig – und immer öfter auch politisch, weil zum Beispiel politische Entscheidungen auf Basis von falschen Informationen getroffen werden. Deshalb finde ich es wichtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst über ihre Forschung erzählen. Und ich glaube, dass das zum Beispiel vielen Doktoranden genauso wichtig ist wie mir – aber sie haben kaum Kapazitäten dafür, weil von ihnen erwartet wird, dass sie alle Zeit der Forschung widmen. Ich würde mir wünschen, dass sich die Rahmenbedingungen so ändern, dass ich als Wissenschaftlerin nicht nur belohnt werde, wenn ich publiziere, sondern auch, wenn ich in der Öffentlichkeit viele Leute anspreche mit meiner Arbeit. Viele Wissenschaftler, mit denen ich rede, sagen mir das auch: ‚Ich finde es ja echt cool, was du machst – aber du weißt ja, wie das ist: Am Ende zählen nur die Publikationen, die man im Lebenslauf hat.‘
In einem Interview erzählten Sie von Ihrem Forschungsaufenthalt in den USA und wie Sie über das Sendungsbewusstsein der amerikanischen Wissenschaftler gestaunt haben. Können sie ein Vorbild sein?
Es scheint da tatsächlich gewisse Mentalitätsunterschiede zu geben, übrigens nicht nur in der Wissenschaft: Die Amerikaner haben im Schnitt ein größeres Bewusstsein dafür, wie wichtig die Außendarstellung ist, das selling. Ich hatte übrigens ursprünglich eine ähnliche Vorstellung wie viele Kollegen hier in Deutschland – nämlich dass Kommunikation mehr mit Talent zu tun hat als mit erlernbaren Skills. Entweder kann man es oder halt nicht. Aber es gibt eben eine ganze Reihe von Dingen, die man lernen kann. In meinem Fall habe ich etwa durch Learning by Doing herausgefunden, wie ein erfolgreicher Einstieg in ein Video aussieht, der die Leute gleich einfängt. Solche Sachen versuche ich an andere Wissenschaftler weiterzugeben – und solche Kniffe helfen interessanterweise genauso bei eigenen Videos wie bei großen Konzeptpapieren, in denen Forscher ihre Ideen einem Fachpublikum vorstellen.
Lassen Sie uns doch einen Moment bei Ihrem eigenen Lebensweg bleiben: Wann haben Sie selbst gemerkt, dass die Leute Ihnen gern zuhören?
Ich habe vor vielen Jahren beim Falling Walls Lab mitgemacht – das ist eine Veranstaltung, bei der man drei Minuten Zeit hat, mit drei Folien seine Forschung vorzustellen. Als ich die Ausschreibung bekommen habe, habe ich sie gleich meinem damaligen Freund weitergeleitet, der heute mein Mann ist – er ist auch Chemiker und arbeitete damals an einem spannenden Forschungsprojekt. Und er sagte mir: ‚Hey, mach doch selbst auch mit!‘ Ich wäre da nie drauf gekommen. Mir hat es dann einen Riesenspaß gemacht und die Rückmeldungen waren gewaltig.