Future Skills

Daten sind das neue Kapital

Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
©

Der traut sich was! Das mag manch einer gedacht haben, als Uve Samuels vor zwei Jahren sein Buch „Das Kapital 4.0“ veröffentlichte. Denn wer sein Buch „Das Kapital“ nennt, muss sich an gewissen anderen Vorbildern messen lassen. Für Samuels ist sein Buch, das den Untertitel „Daten sind das neue Kapital“ trägt, aber nur eine logische Fortsetzung der Gedanken von Karl Marx. „Damals ging es um nationalökonomisches Denken, um die Entrechtung der Arbeiter und den Wohlstand einiger weniger auf Kosten vieler“, erläutert der Geschäftsführer der privaten dualen Hochschule HSBA. „Heute denken wir globalökonomisch, doch es sind ebenfalls wenige, die ihren Wohlstand auf Kosten anderer generieren: die Big Four der Digitalisierung – Google, Amazon, Facebook und Apple. Um dem etwas entgegenzusetzen, brauchen wir neue Teilhabemodelle – Genossenschaftsmodelle für Internetplattformen, wenn Sie so wollen –, über die Inhalte gemeinsam von vielen verwaltet und geteilt werden können.“

Blockchain als Modell der Zukunft

Blockchain lautet das Zauberwort – für Samuels, der Gründungsmitglied im Blockchain Bundesverband ist, ist es das Modell der Zukunft. „Daten sind der entscheidende Wettbewerbsfaktor der Unternehmen. Durch die Einführung der Blockchain-Technologie steht das Internet vor seiner größten Veränderung. Durch die Transformation eines Wirtschaftsverbandes und die Integration von dessen Mitgliedsunternehmen mit der Blockchain kann ein ganz neuer Wettbewerbsvorteil für Deutschland geschaffen werden.“ Davon ist Samuels überzeugt. Sein Buch zeigt die einzelnen Schritte für dieses neue System und legt dar, welche Rolle die Wissenschaft seiner Meinung nach dabei spielen kann. Letzteres beschäftigt ihn ganz besonders: Für Samuels ist kaum nachvollziehbar, warum deutsche Hochschulen sich noch immer so schwer damit tun, sich selbst nicht nur als Ort der Wissenschaft und Ausbildung, sondern auch als Berater zu sehen, die ihr Wissen mit Unternehmen teilen, um Innovationen schneller voranzubringen.

Die Digitalisierung zum Beispiel sollte nach Meinung von Samuels nicht etwas sein, was den Bürgern mehr oder weniger zustößt, sondern etwas, was sie selbst mitgestalten. Und dabei könne das Know-how der Wissenschaft gute Dienste leisten. Das versucht die HSBA nicht nur ihren 1.000 Studierenden aus 50 verschiedenen Ländern zu vermitteln, sondern auch vielen Unternehmen, zum Beispiel mit der HSBA-Schwesterfirma SQUARE HSBA Innovation Hub. Die Firma bündle darin Erfahrungen aus rund 100 Innovationsprojekten der HSBA-Wissenschaftler, sagt Samuels. Die Hochschule wolle mit gutem Beispiel vorangehen. Sie stellt über SQUARE Coworking-Space zur Verfügung und berät kleine oder mittelständische Unternehmen, aber auch große Player bei der digitalen Transformation.

Foto: Valeska Achenbach
Foto: Valeska Achenbach
©
In dem wirtschaftswissenschaftlichen Masterstudiengang „Digital Transformation & Sustainability“ lernen die Studierenden der HSBA, die beiden Zukunftsthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu verbinden

Digitalisierung als Chance

Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
©

Uve Samuels gehört zu den Menschen, für die ein Glas eher halb voll als halb leer ist. Das gilt auch für das Thema Digitalisierung. Mit notorischen Pessimisten, für die die voranschreitende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt vor allem Teufelswerk und nicht auch Chance ist, kann der 51-Jährige nicht viel anfangen. Samuels erinnert das an die Zeit vor mehr als 100 Jahren, „als große Teile der Gesellschaft Automobile für gefährlichen Irrsinn und die Telefonie für eine überschätzte Erfindung hielten“.

Heute lacht man über solches Unken, dabei unterscheidet es sich gar nicht so sehr von dem der Digitalisierungsskeptiker des 21. Jahrhunderts. „Digitalisierung findet so oder so statt. Wir können sie nicht mehr aufhalten – und sollten das auch gar nicht versuchen, sondern ihre Möglichkeiten optimal nutzen und mögliche Risiken immer im Blick behalten und beherrschen lernen“, betont Samuels. Das soll auch den Studierenden vermittelt werden. Gemeinsam mit rund 250 Partnern aus der Wirtschaft bietet die 2004 gegründete HSBA sieben duale Bachelor- und fünf Masterstudiengänge im Wirtschaftsbereich an, in denen 32 Professoren sowie zahlreiche Lehrbeauftragte unterrichten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Weiterbildungsangebote in MBA-Studiengängen und Seminaren. Und egal ob Business Administration, Business Informatics, Logistics Management oder Media Management & Communication – inhaltlich im Curriculum fest verankert sind immer die Themen Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0.

„Digitalisierung findet so oder so statt. Wir können sie nicht mehr aufhalten – und sollten das auch gar nicht versuchen, sondern ihre Möglichkeiten optimal nutzen und mögliche Risiken immer im Blick behalten und beherrschen lernen.“

Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
©
Uve Samuels
Geschäftsführer der HSBA Hamburg School of Business Administration

Programmieren als Bestandteil des Studiums

„Die digitale Toolbox ist selbstverständlich Bestandteil des Studiums. Die Studierenden erlernen das Programmieren – die Sprache des 21. Jahrhunderts –, Design Thinking, Plattformökonomie und Storytelling“, zählt Samuels auf. Gerade Letzteres spiele eine große Rolle bei der Entwicklung von Produkten, aber auch von Multimediastrategien, sagt der Niedersachse, der in den späten 1980er- und 1990er-Jahren an der Fachhochschule Ostfriesland (heute Hochschule Emden/Leer) Prozessautomatisierung studiert hat. „Es war ein sehr interdisziplinärer Studiengang. Eine Mischung aus Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Informatik, die ich geliebt habe und die damals noch ein absolutes Novum und Unikum war.“ Das hat ihn geprägt – er wünscht sich heute deutlich mehr Interdisziplinarität an deutschen Hochschulen, „beim Forschen beim Lehren, in Projekten“.

Für sein Empfinden hat Deutschland auch viel zu lange damit gewartet, die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Digitalisierung zu erkennen und interdisziplinär für die Entwicklung neuer Technologien zu nutzen. Stattdessen habe man das Geschäft – etwa Elektromobilität und autonomes Fahren – Ländern wie den USA und China überlassen. „Zur Zeit der ersten Automobile hatten deutsche Unternehmer den richtigen Riecher und haben die Chancen der neuen Technik erkannt. Welche wirtschaftliche Stärke der deutschen Automobilindustrie daraus erwuchs, wissen wir alle. Ich würde mir wünschen, dass die deutsche Wirtschaft auch bei der Digitalisierung Ähnliches zuwege bringt.“ Doch dafür sei die richtige Haltung entscheidend: nämlich Freude daran zu haben, sich mit der Zukunft zu beschäftigen und sich mit Zuversicht und Kreativität auf den Weg zu machen.

Foto: David Ausserhofer
Foto: David Ausserhofer
©

InnovationHubs

Die HSBA gehörte zu den Finalisten des Wettbewerbs "InnovationHubs @ Campus". Mit dem Programm fördern Stifterverband und Dieter Schwarz Stiftung sogenannte Innovation Hubs an Hochschulen und ihre strategische Einbindung in Forschung, Lehre und Wissenstransfer. Innovation Hubs sind digitale oder analoge Orte, an denen Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und Expertisen gemeinsam an Herausforderungen und Lösungen arbeiten - flexibel, experimentell, offenen, kooperativ und plattformbasiert. Als Finalist nimmt die HSBA darüber hinaus am Innovation Club teil, einem Netzwerk, in dem sich die Hochschulen über Erfahrungen, Erfolgskriterien, Herausforderung und Weiterentwicklung des Thema austauschen können.

Mehr Informationen zum Wettbewerb

Wir dürfen die Zukunft nicht den anderen überlassen

Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
©

„Auf dem Feld der künstlichen Intelligenz passiert gerade weltweit so viel – wir dürfen diesen Zug nicht einfach abfahren lassen.“ Samuels sagt es mit Nachdruck. Als Forscher hat er sich während seines Masterstudiums und seiner Promotionszeit im britischen Loughborough mit Robotik, Computer Vision und Mikrosystemtechnik beschäftigt. Das treibt ihn heute noch um. Denn: „Statt immer darauf zu verweisen, wie gefährlich unkontrollierte KI werden kann, etwa wenn es ums autonome Fahren geht, sollte man sich anschauen, wie viele Unfälle und Probleme gerade auch durch KI vermieden werden könnten – und wie wir KI so entwickeln, dass wir die Kontrolle behalten.“

Patrick Neubert (Foto: Damian Gorczany)
Patrick Neubert (Foto: Damian Gorczany)
©

SERIE „WEITER.DENKER“

Die Digitalisierung verändert die Art, wie wir arbeiten. Doch sind wir darauf vorbereitet? Welche Kompetenzen müssen wir dafür mitbringen und wie vermitteln wir diese? Wie müssen wir Bildung, Wissenschaft und Innovation weiterdenken, um wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich nicht den Anschluss zu verlieren. In der Reihe „Weiter.Denker“ stellen wir Personen vor, die bereits vorbildliches leisten, die weiterdenken und versuchen, unsere Zukunft aktiv zu gestalten.

Lesen Sie hier alle Weiter.Denker-Porträts

Tauchen Sie tiefer in unsere Insights-Themen ein.
Zu den Insights