Man braucht nicht viel, um Glück zu unterrichten. Ernst Fritz-Schubert legt ein imaginäres rotes Band auf den Tisch, um zu demonstrieren, worum es geht. Als er noch Lehrer war, hat er seinen Schülern ein echtes in die Hand gedrückt, einen roten Wollfaden, circa 50 Zentimeter lang. Damit sie Knoten hinein binden, für jede gemeisterte Herausforderung in ihrem Leben einen, für ein Problem, das sie gelöst, für eine Hürde, die sie überwunden haben. Ins Bewusstsein gerufene Erfolgserlebnisse zum Anfassen.
Es sei eine seiner Lieblingsübungen, sagt Fritz-Schubert. Weil sie nur mit einem Wollknäuel auf den Punkt bringe, was hinter dem Konzept stecke, das er entwickelt habe. Weil es Schülern bewusst mache, welche Ressourcen in ihnen steckten. Ihn selbst habe das nicht die Schule, sondern erst das Leben gelehrt.
Fritz-Schubert ist ein kleiner, freundlicher Mann mit dichtem weißgrauem Haar und Oberlippenbart. Er sitzt am Schreibtisch in seinem Haus am Neckar in Heidelberg und erklärt, was es auf sich hat mit dem Schulfach Glück, das er erfunden hat, als er noch Direktor der Willy-Hellpach-Schule am anderen Ende der Stadt war. Er erzählt, wie er Kollegen für das Fach gewann, wie er Lehrkonzepte dafür schrieb und sich Glück als Wahlpflichtfach vom Kultusministerium in Baden-Württemberg genehmigen ließ. Bevor er es schließlich an seiner Schule einführte.
Heute, zehn Jahre später, wird es dort nach wie vor unterrichtet – und es steht an mehr als 100 Schulen in Deutschland und Österreich, an Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien auf dem Stundenplan, als ergänzendes Schulfach oder als Projektunterricht. Auch für Kitas, Fußballmannschaften und Rehazentren hat Fritz-Schubert das Konzept schon angepasst.
„Viele Jugendliche sehen in der Schule keinen Sinn, erfüllen nur die Erwartungen von Eltern und der Gesellschaft und sind sich ihrer Möglichkeiten gar nicht bewusst“, sagt Fritz-Schubert. Seit er mit 28 Jahren Lehrer geworden war, wollte er das ändern und Schule zu einem Ort machen, an den Kinder gern gehen, an dem das Lernen Spaß macht und eine Richtung hat. Doch es dauerte viele Jahre, bis die Idee in ihm reifte, ein eigenes Fach dafür zu entwickeln.
Anderswo machten sie vor, wie es funktionieren kann. In einer Schule in der bayerischen Kleinstadt Neumarkt gab es das Projekt „Erwachsenwerden“, das Fach „Well-Being“ in der Wellington-Privatschule nahe London und Happiness-Kurse an US-Universitäten. 90 Minuten Glück in der Woche, das musste doch auch in Heidelberg möglich sein. Ein Unterricht für Körper, Geist und Seele, der das Selbstwertgefühl und die Freude am Leben stärkt, den Schülern Lust an Herausforderungen vermittelt und sie unterstützt, Haltungen und Lebensziele zu entwickeln. Im Schuljahr 2007/2008 ging es los.