Der Wissenschaftsrat hat zuletzt 2008 ein umfangreicheres Papier mit Empfehlungen für eine gute Lehre veröffentlicht. In Kürze gibt es ein neues Positionspapier. Hat sich seither durch diverse Initiativen etwas zum Besseren entwickelt, zeichnet sich gar ein Kulturwandel an den Hochschulen ab?
Es ist sicherlich so, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Lehre gestiegen ist. Nehmen wir als Beispiel den Qualitätspakt Lehre: Ähnlich wie die Exzellenzinitiative für die Forschung hat er an vielen Hochschulen dazu geführt, erstmals gründlich über eine Lehrkultur nachzudenken und darüber, wie man diese in der Breite implementieren könnte. Das ist gut. Ein Problem könnte aber an etlichen Hochschulen werden, dass es sich bei den Förderungen eben nur um zeitlich befristete Projekte handelt, die anschließend von den Hochschulen in Eigenregie weiter am Leben erhalten werden müssen.
Forscher, die die nachhaltigen Wirkungen des Qualitätspaktes untersuchen, wenden außerdem ein, etliche der Projekte an den Hochschulen seien lediglich wegen des Mitnahmeeffektes zustande gekommen – um kurzfristig bis 2020 besser mit dem Studierendenansturm fertigzuwerden.
Tatsächlich haben die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge und die Herausforderungen, die damit verbunden waren und sind, vielerorts dazu geführt, Lehre vor allem als technisches Problem zu begreifen und punktuell darauf zu reagieren. Das verdeckt die Tatsache, dass nachhaltig gute Lehre einen Kulturwandel mindestens in der Fakultät, besser noch an der gesamten Hochschule benötigt. Denn nach wie vor sind die Lehrenden im deutschen Wissenschaftssystem mit einem Grundkonflikt konfrontiert: der richtigen Balance zwischen Zeit für die Forschung und Zeit für die Lehre. Der Druck von außen ist groß, Leistungen in der Forschung sind für eine gelungene Professorenkarriere nach wie vor entscheidend und deutlich wichtiger, als etwa herausragende Konzepte für eine gute Lehre entwickelt zu haben.