Es gibt aber auch andere Fälle von Fehlverhalten, die nicht so offensichtlich sind. In einigen Fächern ist es üblich, dass der entsprechende Professor zwar im Vorlesungsverzeichnis als Lehrender aufgeführt wird, aber in der Vorlesung selbst von den Studierenden selten bis gar nicht gesichtet wird. Dies wird dann dadurch „legalisiert“, dass im Vorlesungsverzeichnis der jeweilige Professor und ein „weniger bekannter Name“ als Dozenten aufgeführt werden, wobei Letzterer die Veranstaltung hält und Ersterer im optimalen Fall immerhin noch mit in der Vorlesung sitzt und auf seinem Laptop seine E-Mails abarbeitet, aber in der Regel nicht einmal anwesend ist.
Auch kann es schon mal vorkommen, dass Klausuren Durchfallquoten von 80 bis 90 Prozent haben, weil der Professor es sich am Ende dann doch nicht nehmen lässt, die Klausuraufgaben zu stellen, der „weniger bekannte Name“ aber in der Vorlesung inhaltlich etwas ganz anderes gelehrt hat. Übrigens: Das lästige Korrigieren der Klausuren übernimmt dann natürlich auch wieder der „weniger bekannte Name“. Der Professor erläutert der staunenden Öffentlichkeit sogar noch anhand dieses Beispiels, wie sehr er doch den wissenschaftlichen Nachwuchs fördere, denn nur so könne der „weniger bekannte Name“ wichtige Lehrerfahrungen sammeln. Dabei weiß jeder, dass dies lediglich ein schamloses Ausnutzen der eigenen Mitarbeiter ist, denn berufen wird man an eine Universität aufgrund seiner Forschungs- und nicht seiner Lehrleistungen, was auch völlig richtig ist. Ob es wirklich Nachwuchsförderung ist, wenn ein frisch berufener Juniorprofessor sofort die große Grundvorlesung für Nebenfächler mit mehr als 1.000 Studierenden plus Videoübertragung in einen anderen Hörsaal hält beziehungsweise halten muss, das müssen die Verantwortlichen selber entscheiden. Ich dachte jedenfalls immer, dass Juniorprofessoren wissenschaftlich „durchstarten“ müssen und dass die etablierten Professoren diesen jüngeren Kollegen dabei so gut es geht helfen sollen.