Frau Hofstetter, hat Deutschland durch die Corona-Pandemie bei der Digitalisierung aufgeholt?
Wenn ich in der Lage bin, meine digitalen Geräte öfter, mehr und von zu Hause aus zu nutzen und mich übers Netz mit Menschen und Geräten zu verbinden, dann ist das natürlich auch Teil der Digitalisierung. Aber Digitalisierung ist eigentlich mehr. Dazu gehört das Sammeln, Auswerten und Interpretieren von Daten, also die Vermessung unseres Alltags und Lebens. Datenpannen beim Robert Koch-Institut und anderes zeigen, dass das Ganze auch nach einem Jahr nicht so einfach ist. Da gibt es viel Luft nach oben.
25 Millionen Menschen in Deutschland nutzen aktuell die Corona-Warn-App. Sie haben die Entwicklung als Mitglied des Datenschutzbeirats der Telekom, die die Anwendung zusammen mit SAP realisiert hat, im letzten Jahr hautnah verfolgt.
Die Deutsche Telekom ist in die Entwicklung, den Einsatz und den Support der App involviert. Das Unternehmen hat sich den Datenschutz groß auf die Fahnen geschrieben. In der App wird niemand getrackt, niemand getraced. Es werden keine Bewegungsprofile erstellt.
Die App schützt so Bürgerrechte und die Einführung wurde im Vorfeld breit debattiert. Würden Sie sagen, so geht gelungene Technologieentwicklung in einer Demokratie?
Mittlerweile vertreten einige Ärzte und Politiker die Ansicht, dass es doch besser wäre, Bewegungsprofile zu erfassen und zu wissen, wer sich mit wem trifft. Dann könnten die Gesundheitsämter Menschen namentlich identifizieren und nachverfolgen. Speziell in Sachen Corona besteht der Wunsch nach mehr Überwachung. Wenn man tatsächlich eine App haben wollte, wie wir das aus autokratischen Staaten wie China oder Singapur kennen, dann müsste man eine solche App komplett neu aufbauen. Das ist gerade eine Riesendebatte.