Viele Intellektuelle machen mangelnde politische Bildung als Ursache für Phänomene wie „Trump“ und „Brexit“ aus – frei nach dem Motto: Wo die Wähler nicht genug Faktenkenntnis haben, fallen sie auf Populisten herein, die komplexe Dinge über Gebühr vereinfachen. Sie als Linguistin betonen stattdessen, dass vor allem der bewusste Einsatz von Sprache den Ausgang politischer Wahlen entscheidet.
Für die meisten Wähler ist ausschlaggebend, wie sie die politischen Kandidaten persönlich einschätzen. Deswegen achten sie darauf, ob jemand authentisch wirkt und ob die Sprache eines Kandidaten der eigenen Wertehaltung entspricht. Deswegen gewinnt man Wahlen, wenn man die eigenen Werte klar darstellt und richtig verkauft. Hillary Clinton sprach im US-Wahlkampf viel zu oft von sich selbst, etwa wenn sie in TV-Debatten beteuerte: „Ich bin Politikexpertin. Ich werde das regeln.“ Damit vernachlässigte sie das Miteinander – einen Kernwert fürsorglich geprägter Progressiver. Statt überhaupt weit mehr für progressive Werte zu werben, arbeitete sie sich an Trumps Rüpeldiskursen ab. Klar hat sie das getan, um Falschaussagen zu widerlegen, Fakten zu klären und so weiter, aber bei all dem wurde irgendwann nicht mehr klar, was sie eigentlich selber will.
Was hat Donald Trump denn besser gemacht?
Trump hat seine eigene Zielgruppe, all diejenigen, die ein eher strenges Wertemodell leben, ganz klar angesprochen: Er hat bewusst die liberal-progressiven Sprachvorgaben der Political Correctness verhöhnt und dabei als „furchtloser Rüpel“ gepunktet, der stets sagt, was er für richtig hält, und sich das auch umzusetzen traut. Er hat stets die strengen, konservativen Werte Wettbewerb, Selbstdisziplin und Eigeninteresse betont: „Du kannst nie gierig und reich genug sein.“ Und: „Seht her, was für ein erfolgreicher Geschäftsmann ich doch bin. Mir könnt ihr das Land anvertrauen.“ Er hat den Wert der Hierarchie hochgehalten. Und als eine Art John Wayne der Politik versprach er, die Gemeinschaft gegen das Böse auf der Welt durch eine starke, männliche Autoritätsfigur zu verteidigen. All das sind wichtige Bausteine eines strengen, erzkonservativen Werte- und Familienmodells, das bis heute in den USA Wohlhabende, Arme, Weiße, Schwarze, Mexikaner und so weiter ideologisch und politisch eint.
In einem modernen Wahlkampf bemühen sich doch alle Kandidaten darum, die eigene Kerngruppe klar anzusprechen.
Aber Trump hat verinnerlicht, dass der politische Streit immer auch ein moralischer ist und dass die reine Sachebene, auf der politische Argumente ausgetauscht werden, im Bewusstsein der Wähler des Öfteren zurücktritt. Natürlich geht es im Wahlkampf vor allem auch um die politische Mitte, die sogenannten swing voters, die mal so, mal so wählen. Sie sind ideologisch flexibel, können von eher konservativen und eher progressiven Werten angesprochen werden. Man muss diejenigen Werte in ihnen ansprechen, die sie mit einem teilen. Das Schlimmste wäre aber, sich bei diesem Kampf zu weit von den eigenen Idealen zu entfernen. Wenn zum Beispiel Progressive plötzlich eine über die Maßen strenge Flüchtlingspolitik fordern, dann machen sie sich schnell auf beiden Seiten unglaubwürdig.