Kilian Kirchgeßner: Dänemark hat gerade einen digitalen Botschafter ernannt, der als Bindeglied zwischen der Regierung und den Innovationstreibern in aller Welt fungieren soll…
Andreas Barner: Moment: Ist das ein Mensch oder ein Roboter?
Das ist schon noch ganz altmodisch ein Mensch. Aber: Dass eine Regierung so jemanden ernennt – ist das ein Zeichen von Innovationsfreude oder von Verzweiflung?
Dietmar Harhoff: Ich glaube, es ist beides. Ein gutes Zeichen, weil es gar nicht so leicht ist, in einer politischen Organisation solche neuen Konzepte durchzusetzen. Gleichzeitig zeigt der Fall aber natürlich auch, dass die politischen Apparate in vielen Ländern den Kontakt zu den neuen digitalen Formen der Wertschöpfung verloren haben.
Barner: Eigentlich ist es erstaunlich, wie lange es gedauert hat, bis das Thema der Daten und der Digitalisierung in der Öffentlichkeit angekommen ist. In der Wissenschaft ging das recht schnell – zum Beispiel in der Bioinformatik, wo man einfach nicht anders kann, als mit Analysen großer Datenmengen zu arbeiten.
Jörg Hacker: Die Bioinformatik ist sicher das Kernbeispiel, wo sich am meisten getan hat. Ich war vor zehn Jahren im Rahmen einer Gastprofessur in Israel; damals waren die Wissenschaftler in diesem Bereich schon voll im digitalen Zeitalter angekommen, während die Diskussionen darüber bei uns in Deutschland gerade erst begannen.
Das hört sich so an, als sei eine Aufholjagd dringend nötig. Ist Deutschland in Sachen Innovation ein Treiber oder tatsächlich ein Getriebener?
Hacker: Wirtschaft und Wissenschaft sind sicherlich Treiber, wenn es um neue Konzepte, Produkte und Ideen geht. Gerade an den Grenzen zwischen den Disziplinen entsteht sehr viel Neues. Aber in gewisser Weise sind wir natürlich auch Getriebene, weil wir im internationalen Wettbewerb stehen.
Beim Forschungsgipfel rufen Sie als Ziel eine „neue Innovations- und Wagniskultur“ aus. Was läuft denn bislang falsch, dass wir eine neue Kultur brauchen?
Barner: Dieser Titel ist eine wertfreie Beschreibung der Tatsache, dass sich Innovationsprozesse derzeit substanziell verändern.