„Es stand bei uns Spitz auf Knopf“, sagt Jürgen Christof. „Wir sahen unsere Studenten schon wieder in langen Schlangen in den Copyshops stehen.“ Mit einem Kopfschütteln erzählt der Direktor der Bibliothek der Technischen Universität Berlin vom jüngsten Streit um die digitalen Kopien, die Dozenten ihren Studierenden zur Verfügung stellen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) – die die Rechte der wissenschaftlichen Autoren vertritt – hatten dafür einen neuen Rahmenvertrag ausgehandelt. Anders als die bisher unkomplizierte, pauschale Abrechnung sah der neue Vertrag dafür nun eine Einzelabrechnung vor. „Ein Bürokratiemonster“, sagt Christof: Lehrende sollten nun jede einzelne Seite digital abrechnen. Dazu hätten sie sich auch noch vorher schlaumachen müssen, welche wissenschaftlichen Werke wie vergütungspflichtig sind. Die Hochschulen sahen dies als nicht praxistauglich an – und weigerten sich, den ausgehandelten Vertrag zu unterschreiben. „Auf das Risiko hin, dass Dozenten kein urheberrechtlich geschütztes Material mehr hätten anbieten können“, wie Christof betont. Kurz vor Vertragsende zum Jahreswechsel lenkte die Verwertungsgesellschaft ein: Die alte Pauschalregelung gilt nun provisorisch weiter.
Nun sollen diese Art der Abrechnung sowie andere Vereinfachungen für Forschung und Lehre rechtlich festgeschrieben werden: im Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz, das das Bundeskabinett Mitte April beschlossen hat. Doch auch bei diesem Entwurf, mit dem sich derzeit das Parlament beschäftigt, steckt der Teufel im Detail: Maximal 15 Prozent eines Werks dürfen wissenschaftliche Einrichtungen genehmigungsfrei nutzen, vervielfältigen und zugänglich machen. Um eine solch feste Marke war zuvor hart und erbittert gerungen worden zwischen großen Teilen der Scientific Community, die eine Mengengrenze für die wissenschaftliche Textarbeit eigentlich als überholt ablehnt, und einer lauten Minderheit vor allem aus Verlagen und Wissenschaftsautoren, die mit jedem Prozent mehr ihre wirtschaftlichen Einnahmen existenziell bedroht sieht.