„Wird Facebook Einfluss auf die TU München nehmen?“, fragt sich die Öffentlichkeit, seit im Januar bekannt gegeben wurde, dass der amerikanische Datenkonzern mit einer 6,5-Millionen-Euro-Spende ein Institut für Ethik in der künstlichen Intelligenz (KI) an der TU München unterstützt. Die besorgte Frage nach dem Unternehmenseinfluss bei der Finanzierung öffentlicher Forschung ist ebenso berechtigt wie regelmäßig wiederholt, sie unterschätzt jedoch die Standards wissenschaftlicher Redlichkeit und Qualitätssicherungsprozesse, die im Wissenschaftssystem insgesamt und an deutschen Hochschulen im Besonderen gut definiert sind und funktionieren. Kaum jemand aber stellt in der Debatte die für unsere Gesellschaft viel entscheidendere Umkehrfrage: Wie viel Einfluss hat die öffentliche KI-Forschung noch auf die Unternehmen?
Dass große Konzerne mit ihren Dienstleistungen, Produkten, Geschäftsmodellen, technischen Standards und Algorithmen die Art und Weise, wie sich Gesellschaft konstituiert, beständig und grundlegend verändern, ist evident. Dass damit auch Wissenschaft neue Verortungen und Entgrenzungen erlebt, wird nur allmählich deutlich.
Zwar hat Mariana Mazzucato in ihrem Buch The Entrepreneurial State eindrucksvoll nachgewiesen, dass es in der Vergangenheit ursprünglich öffentliche Forschungsprojekte und Infrastrukturen waren, die den rasanten Aufstieg von Apple, Google, Intel, Amazon, Huawei oder Samsung ermöglicht haben; aber ebenso klar ist auch die Entwicklung dieser Unternehmen zu hoch attraktiven Forschungsinstitutionen, die mit viel Geld und Manpower Infrastrukturumgebungen für die besten Forscher der Welt schaffen, mit denen selbst die finanziell sehr flexiblen amerikanischen Hochschulen kaum noch mithalten können. So investiert jedes einzelne der genannten Unternehmen zwischen 15 und 20 Milliarden Dollar im Jahr für Forschung und Entwicklung (Facebook 7,8 Milliarden Dollar) – Samsung wiederum betreibt in Südkorea eine eigene Universität, die zu den besten des Landes gehört. Jedes einzelne Unternehmen gibt also für Forschung so viel Geld aus wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im gesamten Bundesgebiet.