Was verband man in den vergangenen Jahrzehnten mit der „produktiven Stadt“? Es ging um die Ansiedlung von florierendem Gewerbe in einer global vernetzten, hocheffizienten Wirtschaft, um boomende Einkaufsmeilen und Shoppingcenter, um steigenden urbanen Wohlstand – mit immer mehr Automobilen und größeren individuellen Wohnflächen. Organisiert wurde diese Form produktiver Stadt zumeist in räumlich getrennten Wohngebieten, Gewerbearealen, Einkaufsmeilen und Erholungsbereichen, die in der Regel nur noch mit dem Auto unkompliziert erreicht werden konnten.
Dieses Modell kommt seit einigen Jahren an seine Grenzen: Die Flächen in den Städten werden immer knapper. Gewerbe-, Wohn-, Freizeit- und Klimaansprüche stehen in einem massiven Flächenkonflikt. Die Städte „ersticken“ im Blech ihrer Automobile. Der Ruf nach neuen Formen urbanen Verkehrs wird laut. Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie anfällig globale Wertschöpfungsketten sein können und welche Rolle daher lokale und dezentrale Versorgungskreisläufe haben. Krisenereignisse wie die Flutkatastrophe haben einmal mehr für die Bedeutung lokaler Nachbarschaften sensibilisiert.
Statt um die Maximierung der bisherigen Produktivität geht es immer mehr um „resiliente“ und „robuste“ Städte. Leitbild einer produktiven Stadt der Zukunft ist die „15-Minuten-Stadt“, wie sie die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo ausgerufen hat: eine Stadt, in der alle wichtigen Grundfunktionen (Wohnen, Einkaufen, Bildung, Verwaltung, soziale Dienste, Erholung) in 15 Minuten Fuß- und Radweg zu erreichen sind. Es ist ein Plädoyer für Vernetzung und Entdifferenzierung, welches das Bild der zukünftigen Stadt prägt. Die „Neue Leipzig-Charta“ ist von diesem Geist geprägt.