Wie Familien ein Unternehmen führen, hat Christina Hoon schon als Kind fasziniert. Das elterliche Textilunternehmen prägte Alltag und Leben. „Es war Teil des Mittagsgesprächs und schwang auch sonst immer mit“, erinnert sich Hoon gern. Als sie nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau in Hannover Wirtschaftswissenschaften studierte, merkte sie dann allerdings schnell: „Mein Ding ist die Wissenschaft.“ Die führte sie nach der Promotion und Habilitation dann doch wieder zurück zu dieser „eigenwilligen Unternehmensform“, wie Hoon es nennt. 2015 wurde sie auf den neuen Stiftungslehrstuhl „Führung von Familienunternehmen“ an der Universität Bielefeld berufen. Angeschlossen ist das ebenfalls neu gegründete Institut für Familienunternehmen (iFUn), das auch interdisziplinäre Projekte aufgreift und den lebendigen Austausch mit Unternehmen der Region vorantreibt.
Die Wissenschaftlerin rückt damit ein weitgehend unerschlossenes Feld ins Zentrum öffentlicher Forschung. Familienunternehmen, immerhin 91 Prozent der Unternehmen in Deutschland, seien zwar starke Wirtschaftskraft und wichtiger Arbeitgeber, aber die klassische BWL-Forschung und -Lehre widme sich – so Hoon – bislang jedoch meist den Konzernen. Höchste Zeit, dass Familienunternehmen mehr über ihre spezielle Organisationsform lernten.
„Familienunternehmen ticken anders“, sagt Hoon. Zwar seien die Unternehmen grundsätzlich nicht anders als Konzerne auf Erfolg, Gewinn und Wachstum ausgerichtet, „aber sie machen das auf eine etwas andere Weise“, beobachtet die Forscherin. Beispielsweise bei der Besetzung von Beiräten. Nach klassischer Lehre sollten diese mit unabhängigen Personen besetzt sein. Familienunternehmen besetzten Beiräte dagegen oft mit Kunden und Lieferanten, die dem Unternehmen eng verbunden sind. Das funktioniere oft unglaublich gut.
Generell könnten sich Familienunternehmen häufig den Luxus leisten, sehr viel langfristiger zu agieren. „Sie wachsen organisch, Schritt für Schritt, entscheiden aber auch schnell.“ Dabei helfe eine meist hohe Eigenkapitalquote. Unternehmen in Besitz von Familien müssten sich nicht ständig vor Aktionären rechtfertigen. „In meiner Forschung zeichnet sich ab, dass sie dadurch krisenfester sind.“