Vor wenigen Wochen haben Fabian Theis, Timm Schroeder und zwei Kollegen – Laleh Haghverdi und Carsten Marr vom ICB – den Erwin-Schrödinger-Preis 2017 erhalten, der mit 50.000 Euro dotiert ist. Der Stifterverband und die Helmholtz-Gemeinschaft vergeben den Preis gemeinsam für herausragende interdisziplinäre Forschung. Das Forscherteam hat gezeigt, wie sich aus den Daten einzelner Blutzellen deren weitere Entwicklung berechnen lässt. Das ist unter anderem deshalb phänomenal, weil Forscher sich bislang vor allem größere Zellpopulationen angeschaut und daraus auf die Entwicklung einzelner Zellen Rückschlüsse gezogen haben. „Man kann die Menschheit anhand eines Durchschnitts beschreiben, zum Beispiel sind Menschen etwa 1,70 Meter groß und haben hellbraune Augen. Aber so lernt man nichts über die Individuen. So verhält es sich auch bei Zellverbänden und einzelnen Zellen“, sagt Timm Schroeder. Also sah man sich die einzelnen Zellen an, filmte sie regelrecht, über einen längeren Zeitraum und wertete aus, was man sah. Das ist nichts, was sich mit Biologie oder mit Mathematik beziehungsweise Bioinformatik allein bewerkstelligen lässt. Es funktioniert nur durch die Kombination beider Disziplinen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit, das bedeutet in erster Linie Brücken bauen. Und über diese Brücken Wissen und Fähigkeiten zu transportieren, um gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Einer der mitunter amüsanten Nebeneffekte: Vor allem am Anfang weiß man nicht, wie das alles auf der anderen Seite der Brücke so aussieht und abläuft. Da kann man den anderen schon mal schnell über- oder unterschätzen und von zwei verschiedenen Dingen sprechen, wenn man eigentlich das Gleiche meint.
„Wir mussten erst mal eine gemeinsame Sprache finden“, sagt Timm Schroeder. Dabei war nicht nur der oft unterschiedliche Zeithorizont eine Quelle von Missverständnissen: Jede Seite musste sich eine Reihe von Basisbegrifflichkeiten des anderen Faches aneignen. Deshalb waren Theis und seine Mitarbeiter regelmäßig bei Seminaren und Arbeitssitzungen aus Timm Schroeders Bereich, umgekehrt war Schroeder bei Workshops und Kolloquien im Bereich der Bioinformatik.
Aber das war nach einhelliger Aussage von Theis und Schroeder keine Bürde, sondern eine Freude. Und die Motivation war und ist bis heute auf beiden Seiten hoch. „Bei der interdisziplinären Zusammenarbeit kann ich einerseits meine Expertise einbringen, andererseits bin ich Lernender, fast wie in der Uni, das ist eine wunderbare Verquickung von Wissen“, sagt Schroeder.