2015 hat das Software-Programm AlphaGo den amtierenden Weltmeister im japanischen Brettspiel Go geschlagen – einem wesentlich komplexeren Brettspiel als Schach. Erleben wir nun einen Hype um Künstliche Intelligenz (KI), der erstmals auch wirklich begründet ist?
Es sieht ganz danach aus. Bereits vor zwei Jahren gingen bestimmte Fähigkeiten von AlphaGo weit über die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirnes hinaus. Anfang 2017 stellte dann die Carnegie Mellon University ihre Software Libratus vor, die kurze Zeit später die menschlichen Meister in Texas Hold'Em schlagen konnte.
Diese Poker-Variante gut zu spielen, hat für Menschen mit Emotionen, Intuition und dem berühmten „Pokerface“ zu tun.
Libratus ist nicht intuitiv, dafür hat sich das Programm das Pokerspiel größtenteils selbst beigebracht. Und nach intensivem Training mit ca. 20 Millionen Spielzügen ist die Maschine dem Menschen auch in der Taktik weit überlegen. Schon werden Anwendungen etwa bei Verhandlungen zwischen Unternehmen denkbar, bei denen KI-Software schneller und effektiver zu Ergebnissen kommen kann als menschliche Intuition. Dabei imitiert Libratus nicht wie Googles AlphaGo neuronales Lernen im menschlichen Gehirn, sondern verknüpft die Anwendung der Gesetze mathematischer Wahrscheinlichkeits- und Spieltheorie auf raffinierte Weise mit gewaltiger Rechner- und Speicherkraft.
Was halten Sie von dem Szenario, dass sich KI-Systeme eigenständig auf eine Weise weiter entwickeln könnten, wie sie für die IT-Ingenieure nicht mehr nachvollziehbar wäre?
Wir kennen die mathematisch-logischen Grundsätze, nach denen AlphaGo und Libratus lernen. Die Lern- und Entscheidungswege aber, die sie sich eigenständig errechnen, können wir persönlich nicht mehr nachvollziehen. Sie erarbeiten sich ihre Erfahrungen gewissermaßen selber. So gesehen entwickeln sie sich bereits eigenständig weiter und das ist wirklich neu.