Frau Hahn, was ist Rationalität?
Darauf gibt es verschiedene nicht miteinander vereinbare Antworten, denn Rationalität hat viele Facetten. Lange entsprach ein Hauptverständnis rationalen Handelns der mathematisch-ökonomisch formulierten Theorie des Homo oeconomicus. Danach handeln Menschen rational, indem sie aus verschiedenen Optionen jeweils die Handlung wählen, mit der sie am stärksten ihre eigenen Präferenzen realisieren oder, anders gesagt, den größtmöglichen persönlichen Nutzen erzielen. Vorausgesetzt wird dabei allerdings, dass der Handelnde alle verfügbaren Handlungsoptionen und auch deren Wirkung kennt. Das ist natürlich ebenso wenig realistisch wie die These, dass der Mensch stets ausschließlich danach strebt, den eigenen Nutzen zu maximieren. Denn damit lassen sich zum Beispiel altruistische Handlungen nicht erklären. Mit der Zeit entwickelten Wissenschaftler in Anlehnung an den US-amerikanischen Sozialwissenschaftler und Nobelpreisträger Herbert Simon deshalb ein anderes Rationalitätskonzept: das der bounded rationality, zu Deutsch „begrenzte Rationalität“. Herzstück der bounded rationality ist die Erkenntnis, dass Menschen eben nicht alle möglichen Handlungsoptionen kennen, geschweige denn deren Auswirkungen, sondern dass sie sich auch an Regeln orientieren und deshalb nur begrenzt rational handeln.