Dass also nun die Verlage an den Verhandlungstisch laden, um über die Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens zu verhandeln, zeigt zwei Dinge: Erstens, dass Verlage in vom Steuerzahler subventionierten Open Access mittlerweile ein lukratives Geschäftsmodell erkannt haben. Und zweitens, dass Akademia aus der Vergangenheit wenig gelernt hat. Die akademische Welt scheint nicht zu bemerken, dass sie mit der derzeitigen Politik die Print-Abhängigkeit im Digitalen eins zu eins reproduziert. Die großangekündigte Umwälzung des Marktes für das wissenschaftliche Publizieren ist bei genauerer Betrachtung nur die Ausweitung von Druckkostenzuschüssen, wie sie bei Fachbüchern üblich sind, auf eine volle Kostenerstattung für Zeitschriftenpublikationen.
Eine gegenwärtig kaum diskutierte Möglichkeit, wissenschaftliche Publikationen im Internet kosteneffizient zu publizieren, liegt darin, auf die Mittlerfunktion der Verlage gezielt zu verzichten und sich wieder stärker selbst als Herausgeberin zu engagieren (siehe Survey Research Methods). Es wäre mehr möglich, als dass sich einzelne Wissenschaftler oder Wissenschaftlergruppen engagieren. Man stelle sich vor, dass sich die vier renommierten deutschen Forschungsgesellschaften, die Leibniz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft, zusammentun und eine eigene Open-Access-Zeitschriften-Plattform gründen. Die Plattform könnte von den großen deutschen Forschungsbibliotheken betrieben werden, zusammen mit einem Repositorium für die Forschungsdaten und -materialien, die den Publikationen zugrunde liegen.
Die öffentliche Finanzierung wäre keine Bevorzugung einer solchen Plattform, da die Wissenschaftsverlage ja über Druckkostenzuschüsse und Abonnements öffentlich finanzierter Bibliotheken faktisch auch staatlich subventioniert werden.
Auf der neuen Plattform könnten eigene Zeitschriften für große Fachgebietsgruppen aufgebaut werden und einige zentrale multidisziplinäre Zeitschriften, die sich selektiv aktuellen Themen und dem Transfer wissenschaftlicher Erkenntnis in die Zivilgesellschaft widmen. Die wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Plattform ist, dass die Fachgesellschaften ihre besten Wissenschaftler dazu bringen, die Redaktionsleitung zu übernehmen und Wissenschaftler ermutigen, in diesen neuen Zeitschriften zu publizieren.
Im Gegensatz zu einer rein lizenzrechtlichen Betrachtung von Open Access, die derzeit die Forschungspolitik bestimmt, könnte eine intelligente Investition in eine eigene Infrastruktur dazu beitragen, dass die Wissenschaft ein Stück ihrer an sich selbstverständlichen Autonomie zurückgewinnt. Sicherlich würde das beide eingangs genannte Mertons freuen.