Eine 20-Millionen-Dollar-Spende der Familie Larry und Judy Tanenbaum brachte in Kanada den Stein ins Rollen: Das Montreal Neurological Institute (MNI), angesiedelt an der renommierten McGill University, wird das erste akademische Institut der Welt, das Open Science in allen Bereichen praktiziert. Von der Grundlagenforschung bis zur klinischen Forschung wird alles einer Open-Science-Politik unterstellt, zunächst einmal für fünf Jahre. Das MNI entschloss sich zu diesem radikalen Schritt, weil die Forschung auf dem Gebiet der neurologischen Erkrankungen viel zu langsam vorankommt. Das letzte Parkinson-Medikament beispielsweise ist vor 30 Jahren entwickelt worden.
Auch in Deutschland rücken Öffnungsprozesse von Wissenschaft und Innovation immer mehr in den Fokus. Der Stifterverband befragte über 50 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, wie sie das Themenfeld einschätzen. Die Mehrheit war überzeugt: Öffnungsprozesse bieten Wissenschaft und Unternehmen große Potenziale, wie Forschungsdurchbrüche, radikale Innovationen oder passgenaue Lösungen. Die Öffnung von Wissenschafts- und Innovationsprozessen hat aber auch Grenzen und birgt Konflikte: beim notwendigen Schutz von Daten beispielsweise, bei Betriebsgeheimnissen, Persönlichkeits- oder Urheberrechten.
Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes, beschreibt zwei Herausforderungen: „Es gibt noch keine Transfer- und Verwertungsstrategie für Open Science in Deutschland. Es fehlt ein Plan, wie insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen an einer offenen Innovationskultur teilhaben können. Darüber hinaus stehen viele einer Öffnung noch skeptisch gegenüber.“ Auch deshalb baut der Stifterverband aktuell ein Forum für offene Wissenschaft und Innovation auf, das Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Verwaltung in den Austausch bringen soll. „Gemeinsam mit einem Expertennetzwerk wollen wir die Potenziale und den Handlungsbedarf offener Wissenschaft und Innovation untersuchen und Wege für gemeinsames Handeln aufzeigen“, beschreibt Meyer-Guckel das Vorhaben. Die Initiative will die bestehenden Diskurse zusammenbringen; auf der Agenda steht ein gemeinsames Verständnis für offene Wissenschafts- und Innovationsaktivitäten. Akteure aller Bereiche sollen zudem ein vertrauensvolles, geschütztes Umfeld vorfinden, wo sie die Kulturen offener Interaktionsformate einüben können.