Bitte nicht falsch verstehen: Ich liebe Innovationen. Ich mag die experimentelle Entstehung, das Ausprobieren, Tüfteln und den Erfolg, der hoffentlich nach langen zermürbenden Phasen in einen Geistesblitz, ein unbezahlbares Heureka Gefühl, mündet. Ich bin aber als erfahrener Innovationsmanager auch erwachsen genug, um die Grenzen und auch zum Teil die Banalität von Innovationen zu kennen und zu benennen.
Fangen wir mit der zum Teil kulthaften Verwendung des Begriffes an. Das Wort „Innovation“ hat vermutlich einen dermaßen hohen Inflationsgrad, dass Begriffe wie „Künstliche Intelligenz“ oder „Digitalisierung“ dagegen fast schon erfrischend unverbraucht und konkret wirken. Vermutlich erscheint seit Jahrzehnten kein Geschäftsbericht oder politisches Parteiprogramm mehr, ohne dass bei der Lektüre einem „Innovation“ mehrfach ins Gesicht springt. Dieses Mantra wirkt anziehend und magisch zugleich. Auf „Innovation“ ist vor allem immer dann Verlass, wenn einem sonst nichts mehr auf die Schnelle einfällt. Innovation reduziert Komplexität auf ein Minimum. Dabei ist der Begriff noch weich genug, um nicht verfänglich konkret werden zu müssen, wenn es dann wirklich mal tief in den Maschinenraum zur Umsetzung geht. Allein mit der Verwendung des Begriffes demonstriert man maximale Progressivität, ohne dabei die lästige und langwierige Pflicht der Veränderung auch wirklich vollziehen zu müssen. Innovation ist stets diffus in die Zukunft gerichtet, mehr ein Prozess als ein konkretes Ergebnis und zugleich etwas, mit dem man Probleme formidabel outsourcen kann. Ein Begriff wie geschaffen für das globale Top-Management oder die Berufspolitik, die in erster Linie Menschen tagtäglich erzählen müssen, was sie Tolles für das Morgen bewegen wollen.