Durchs nächtliche Berlin radeln und nicht beklaut werden! Das war für die Studentin Domitila Barros der helle Wahnsinn. Ihre brasilianische Heimatstadt Recife zählt zu den 50 gefährlichsten Städten der Welt.
Sie wuchs dort in der Favela „linha do tiro“ auf, übersetzt „Schusslinien“. Und das ist nicht bloß ein Wort: Schon mit Acht oder Neun warf sich Domitila auf den Boden, wenn die „Tropa de Elite“, eine Eliteeinheit der Militärpolizei, angerast kam und aus den Autos sprang. Mit zwölf Jahren musste sie dann mit ansehen, wie Polizisten ihre beste Freundin auf offener Straße erschossen. Ein Erlebnis, das sie 24 Jahre später noch aufwühlt.
Doch ihre Kindheit war nicht nur krass und teils traumatisierend. Sie war auch voller Rückhalt, Verbundenheit, Zuversicht und Kreativität – Dank ihrer Eltern, die beide ebenfalls in der linha do tiro aufwuchsen und noch heute dort leben. Roberta und Ademilson Barros hatten sich mit Bildung ein Stück weit aus der Armut heraus gekämpft und gaben auch ihrer Tochter diese Richtung vor. So sagte ihr Vater stets: „Du verlässt mein Haus erst, wenn Du einen Bachelor-Abschluss gemacht hast.“