Stimmt eigentlich die Anekdote, dass Ihr Interesse für die Naturwissenschaften mit einer Brandstiftung angefangen hat?
Simone Bagel-Trah: (lacht) Ich weiß, worauf Sie anspielen. Als ich ein Kind war, lud der damalige Vorstandsvorsitzende Konrad Henkel die fünfte Generation der Familie Henkel zu einer Werksbesichtigung ein, also sämtliche Cousinen und Cousins, meine Schwester und mich. Wir stiegen auf die hohen Türme auf dem Gelände, schauten uns die Produktion an – und auf einmal rief Konrad: „Kinder, ich habe gehört, es brennt auf dem Gelände, das müssen wir uns unbedingt anschauen!“ Es war ein Feuer mit viel Rauch, das die Werksfeuerwehr dann löschte. Wir Kinder fanden das wahnsinnig aufregend. Nachher kam heraus, dass das für uns inszeniert worden war, aber bei mir ist damals im Wortsinne der Funk übergesprungen.
Nun gründet sich die Tradition der Familie Henkel auf die naturwissenschaftliche Forschung. Hatten Sie da überhaupt eine andere Wahl, als ebendiese Richtung einzuschlagen?
Aber natürlich! Meine Schwester ist Juristin, meine Mutter war Volkswirtin, mein Vater selbstständig – es gibt in der Familie Henkel vielfältige Lebenswege. Bei mir war es vor allem mein Großvater mütterlicherseits, der mich in meinem naturwissenschaftlichen Interesse bestärkte. Er hat mir Zeitungsartikel ausgeschnitten, die ich lesen sollte. Da ging es um Galaxien und um Forschung im Mikrokosmos; lauter Dinge, bei denen ich vieles auf Anhieb nicht verstanden habe. Er sagte dann: „Das ist nicht schlimm, ich verstehe das auch nicht alles. Aber ich wollte, dass du weißt, was es alles so an spannenden Fragen gibt.“
Warum entschieden Sie sich dann ausgerechnet für ein Studium der Biologie?
Die erste Weiche habe ich sicher mit der Wahl meiner Leistungskurse am Gymnasium gestellt. Ich belegte Deutsch, und beim zweiten Leistungskurs schwankte ich zwischen Englisch und Biologie. Für Englisch hätte ich vermutlich sogar weniger lernen müssen, das fiel mir leicht. Aber im Endeffekt war es richtig, dass ich mich für Biologie entschieden habe.
Ein Plädoyer gegen den Weg des geringsten Widerstandes?
Eher ein Plädoyer für den Weg, auf dem die Leidenschaften liegen. Sobald man sich mit Dingen beschäftigt, die einem Spaß machen, fällt das Lernen viel leichter.
Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Prägung für die Naturwissenschaften, die Sie ja in Ihrer Kindheit erfahren haben?
Ich glaube, am wichtigsten ist es, die kindliche Neugier aufrechtzuerhalten. Kinder sind per se wissbegierig. Sie drehen am Straßenrand die Steine um, sie wollen wissen, wie die Welt funktioniert, und stellen unheimlich viele Fragen. Leider sind heute die Momente seltener geworden, wo sie ihrer Neugier freien Lauf lassen können.