Klimaschutz, digitale Transformation, Nachhaltigkeit – dies sind drängende Herausforderungen der Gegenwart, mit denen sich die Gesellschaft derzeit beschäftigt. Um dafür gewappnet zu sein, sind Ingenieurinnen und Ingenieure, Meisterinnen und Meister, Technikerinnen und Techniker sowie Facharbeiterinnen und Facharbeiter gefragt. Sie sollen beispielsweise Konzerne und Firmen klimafreundlicher machen, die Produktion ressourcenschonender, smarte Steuerungen für Elektroautos entwerfen, Big Data analysieren oder für mehr Cybersicherheit von Unternehmen sorgen. Und bei den Themen der Zukunft wie autonomes Fahren, Flüge ins All, der Einzug von Robotern und virtueller Realität in den Alltag, die noch unentdeckten Potenziale der künstlichen Intelligenz oder die Nutzung von Quantencomputern als neuer Treiber der Informationstechnologie geht es ohne die Arbeitskräfte aus dem MINT-Bereich, also der Mathematik, der Informatik, den Naturwissenschaften und der Technik, nicht voran.
Doch es gibt zu wenige von ihnen in Deutschland. Nachzulesen ist das zum Beispiel im „MINT-Frühjahrsreport 2022“, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Ende Mai veröffentlichte. Demnach fehlten im April 320.600 MINT-Arbeitskräfte, so viele wie noch nie im Monat April. „Dass es an Arbeitskräften mangelt, ist kein neuer Befund. Doch die Zahlen aus dem April waren sehr erschreckend“, sagt Axel Plünnecke. Der Ökonom leitet am IW in Köln das Kompetenzfeld „Bildung, Zuwanderung und Innovation“. Zwar werde sich diese MINT-Lücke aufgrund des konjunkturellen Einbruchs durch den Ukrainekrieg sehr wahrscheinlich noch etwas reduzieren, prognostiziert er. Doch strukturell werde es weitere Engpässe bei den MINT-Arbeitskräften geben.
MINT-Fachkräfte
Ohne MINT kein Fortschritt

„Wir müssen die Neugierde an den MINT-Fächern bei Kindern und Jugendlichen wecken und fördern.“

„Wie Schülerinnen und Schüler die MINT-Fächer wahrnehmen, hängt wesentlich von ihren schulischen Erfahrungen ab. Wenn ihnen der Unterricht Spaß macht und sie sich von ihren Lehrkräften für diese Fächer begeistern lassen, studieren sie ein MINT-Fach oder wählen einen Beruf in diesem Bereich“, sagt Prien. Die KMK hat deshalb Ende 2021 eine Reihe von Vorschlägen entwickelt, wie Mangelfächer im MINT-Bereich gestärkt werden können, damit mehr Abiturientinnen und Abiturienten ein Lehramtsstudium in einem dieser Fächer aufnehmen.
„Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf gute Ideen und eine hohe Innovationskraft angewiesen, um auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren und wirtschaftliche Wertschöpfung zu schaffen. Dafür sind MINT-Kompetenzen zentral.“

Internationale Fachkräfte gefragt
Allerdings ist es nicht so, dass die jahrelangen Initiativen nichts gefruchtet hätten. Gerade im Ringen um mehr Frauen im MINT-Bereich und auf dem Feld der Zuwanderung sind Erfolge sichtbar. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in den MINT-Berufen zwischen Ende 2012 und Ende 2021 um rund 27 Prozent gestiegen. Auch der Anteil weiblicher Studierender hat sich seit 2015 stark erhöht, der Anteil ausländischer Studierender an den MINT-Fächern ebenso. Die Zahl der beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte in den MINT-Berufen ist zwischen Ende 2012 und Ende 2021 mit rund 81 Prozent deutlich gewachsen. „Ohne die MINT-Zuwanderungserfolge in den letzten Jahren würden schon heute rund 312.000 MINT-Arbeitskräfte zusätzlich fehlen“, sagt Ökonom Plünnecke. Vor allem den KMU fehlten aber im Unterschied zu den Konzernen oft internationale Netzwerke, um weitere Fachkräfte nach Deutschland zu locken. „Die bürokratischen Hürden, etwa bei der Visumsbeschaffung für eine MINT-Fachkraft aus einem Nicht-EU-Staat, sind immer noch zu hoch“, sagt Christina Ramb von der BDA. Diese Verfahren müssten weiter vereinfacht und beschleunigt werden.
Offensichtlich wird aber auch, dass die Vielzahl an Initiativen immer noch nicht ausgereicht hat, um die Situation im MINT-Bereich fundamental zu verändern. Zuletzt präsentierte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf dem Nationalen MINT Gipfel beispielsweise den MINT-Aktionsplan 2.0, für den sie 45 Millionen Euro eingeplant hat. Auch der Stifterverband engagiert sich seit vielen Jahren im MINT-Bereich. „Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf gute Ideen und eine hohe Innovationskraft angewiesen, um auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren und wirtschaftliche Wertschöpfung zu schaffen. Dafür sind MINT-Kompetenzen zentral“, sagt Pascal Hetze, der im Stifterverband den Programmbereich „Analysen und Innovationspolitik“ leitet.
