Im Wedding an der Quinoa-Schule ist vieles noch im Aufbau, wie beispielsweise ein vierjähriges Mentorenprogramm für die Schulabgänger der Quinoa oder das Fach „Freies Üben“, in dem Schüler und Lehrkräfte 90 Minuten pro Woche mit Lerntypentests experimentieren. Das, was es schon länger gibt, wird labormäßig weiterentwickelt, wie die Unterrichtsfächer „Zukunft“, eine Art Berufsorientierung plus, und „Interkulturelles Lernen“, ein Fach, das die Identität der Schüler stärken und ihre besonderen Potenziale freilegen soll. Auch an einem Verhaltensmanagement mit Lobpunkten wurde an der Quinoa bereits viel gefeilt, das den Jugendlichen die drei Werte Mut, Verbindlichkeit und Achtsamkeit näherbringen und dafür sorgen soll, dass so wenig Unterrichtszeit wie möglich durch einen hohen Geräuschpegel und störende Schüler verschwendet wird.
Explizit gute Erfahrungen machten beide Schulen mit wohlüberlegten und aufgeschriebenen individuellen Förderzielen für jeden Schüler. An der Quinoa erarbeitet diese Ziele das jeweilige Tutoren-Tandem aus Lehrkraft und Schüler. In der Oberlinschule ist der Vorgang weitaus komplexer, weil in die Förderziele auch Rückmeldungen von Fachlehrern, der Ärztin, der Psychologin, den Therapeuten und den Eltern einfließen müssen über jüngste körperliche Veränderungen, Verhaltensänderungen, Entwicklungserfolge oder auch Rückschläge.
Was ließe sich von all dem auf andere Schulen übertragen? In jedem Fall die Idee, dass Lernen auch gelebt werden muss, also viel mehr Lebenspraxis braucht, sagt Uwe Plenzke. Der Schulleiter empfiehlt, viel entspannter, flexibler und ideenreicher mit den Vorgaben und Rahmenlehrplänen umzugehen, als es gemeinhin üblich ist.
Pantelis Pavlakidis glaubt, dass andere Schulen einzelne Bestandteile des Quinoa-Konzepts zwar gut übertragen könnten, wie zum Beispiel die Art und Weise, wie der Stundenplan organisiert werde, oder die neuen Unterrichtsfächer. Das Quinoa-Konzept als Ganzes einfach so auf ein anderes Problemviertel zu übertragen, sieht Pavlakidis aber eher kritisch, weil es doch sehr auf den Wedding ausgerichtet sei. Zukunftsmusik sehe die Quinoa-Schule vor allem im Aufbau einer lokalen Bildungskette mit den vielen bereits engagierten Institutionen im Kiez, so Pavlakidis. Die müsse bereits vor dem Kindergarten ansetzen, damit man das Feuer nicht erst ab der siebten Klasse löscht.