Interkulturalität als Haltung sucht nach Wegen, wie verschiedene Kulturen miteinander kommunizieren und einander anerkennen können. Was ist daran falsch?
Nazli Hodaie: Die Konzepte des interkulturellen Lernens sind an sich sehr vielfältig und facettenreich, der Begriff selbst wird aber im pädagogischen Alltag auf gefährliche Weise vereinfachend genutzt. Ich erlebe es immer wieder, dass Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler auf ihre kulturelle Zugehörigkeit reduziert werden. Nehmen wir einmal mich als Beispiel: Ich bin Iranerin. Aber ich bin auch Frau, Mutter, Hochschullehrerin – es gibt sehr viele Aspekte, die mich ausmachen und die mich von anderen Menschen unterscheiden. Aber wenn ich mich mit Lehrplänen oder der Haltung vieler Lehrkräfte auseinandersetze, dann fällt mir auf, dass hier die Kultur als entscheidende Differenzdimension wahrgenommen und dargestellt wird. Ich habe zum Beispiel von als interkulturell bezeichneten Workshops für Lehrpersonen mit dem Titel „So ticken die Araber“ gehört. Da stehen mir die Haare zu Berge, denn „den Araber“ gibt es nicht. Ich persönlich verwende in diesem Zusammenhang den Begriff Kultur deshalb gar nicht mehr und spreche lieber von einem historisch, gesellschaftlich und biografisch veränderlichen kulturellen Kontext