Das Bundesausbildungsfördergesetz, kurz:BaföG, ist eine sehr deutsche Erfolgsgeschichte. Nach 26 Reformen, „die oftmals keine Besserung brachten“ (Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks) wird im Mai 2022 die 27. Reform auf den Weg gebracht. Trotz guter Ansätze: Ein wirklicher Durchbruch zu mehr Chancengerechtigkeit ist nicht zu erwarten. Die Entwicklung des BaföG steht für das Schneckentempo in unserem Bildungssystem insgesamt. Der Stifterverband hat ein Jahrzehnt unser Bildungssystem auf sechs Handlungsfeldern beobachtet und zieht ein ernüchterndes Fazit: Die Richtung stimmt, das Tempo ist verheerend langsam.
Im Einzelnen:
- Bildungschancen hängen nach wie vor von Herkunft und Hintergrund ab.
- Berufliche und akademische Bildung sind nur punktuell durchlässiger geworden.
- Akademische Weiterbildung führt an den Hochschulen zumeist ein Schattendasein.
- Die Internationalisierung hat sich positiv entwickelt und wurde durch Corona nur temporär ausgebremst.
- Die Lehrerbildung ist zu wenig divers, der Lehrerberuf zu unattraktiv.
- Der MINT-Bedarf kann besonders im IT- und im Ingenieursbereich nicht ausreichend gedeckt werden.
Ein Bild zeichnet sich ab: Die Hochschulbildung in Deutschland ist voller Sackgassen und Einbahnstraßen. Vom Geschlecht hängt zu sehr die Wahl des Studiengangs ab, berufliche und akademische Bildung sind zu abgeschottet. Das Studium direkt nach dem Abitur ist der Regelfall, eine spätere wissenschaftliche Weiterbildung die Ausnahme. Nach dem Bachelor folgt direkt der dazugehörige Master. Jura und Medizin sind angesehene Studiengänge, Technik und Informatik eher nicht. Die soziale Herkunft bestimmt zu sehr den Bildungsweg.
Der Stifterverband setzt sich mit seinen Förderprogrammen deshalb dafür ein, dass Bildung nicht von der Herkunft, vom Geschlecht, vom Bundesland oder vom Alter abhängen. Er möchte Bildung durchlässig, chancenreich, vielfältig und kooperativ gestalten. Spurwechsel müssen möglich, Pfadänderungen willkommen sein. Bildung ist keine Treppe, eine Hochschule keine Stufe, die einmal genommen wird. Bildung ist ein individueller, verzweigter Weg, der berufliche, private und gesellschaftliche Aspekte vereint und deshalb offen und anschlussfähig sein muss. Der Stifterverband möchte mit seinen Aktivitäten, Förderprogrammen und Netzwerken diese Denkbewegung an die Hochschulen bringen und damit die Transformation an den Hochschulen aktiv unterstützen – und deutlich schneller machen.
Die folgende Artikelübersicht zeigt, in welchen Bereichen sich der Stifterverband - gemeinsam mit seinem Mitgliedern, Förderern und Partnern - bislang engagiert hat, wo unser Bildungssystem bereits auf einem guten Weg ist und wo es weiterhin noch Herausforderungen gibt: