Die zentralen Aussagen des Diskussionspapiers:
Um die Möglichkeiten eines modernen gesellschaftlichen Lebens wahrnehmen zu können, brauchen Menschen digitale und informatische Kompetenzen beispielsweise, um gängige Softwareanwendungen nutzen zu können, zum kooperativen Arbeiten über Onlinekanäle, zur zielgerichteten Aneignung von Wissen aus digitalen Quellen, zum (viren-)sicheren Umgang mit eigenen und fremden Daten oder zur Instandhaltung des eigenen Computers. Diese Chancen zur gesellschaftlichen Teilhabe werden hierzulande schon während der Schulzeit ungleich verteilt. Während manche Kinder einen verpflichtenden Informatikunterricht über meh-rere Jahrgangsstufen besuchen, haben andere gar keinen. Daten des Nationalen Bildungspanels zeigen, dass Jungen mehr Kompetenzen haben als Mädchen. Kinder aus gut situierten Haushalten haben mehr Kompetenzen als Kinder aus bildungsfernen Schichten.
Dabei formen in der Schule erworbene und erlebte Kompetenzen schon früh den Werdegang junger Menschen über die Kurswahl in der Oberstufe bis hin zur späteren Berufswahl. Frühe Kompetenzunterschiede können daher Ungleichheiten später noch weiter verschärfen. Beispielsweise kann ein geringer Frauenanteil in informatischen Berufen – insbesondere bei den Informatiklehrerinnen – dazu führen, dass sich junge Frauen seltener für informatischen Themen interessieren. Mehr Frauen in diesen Berufen könnten hingegen eine positive Auswirkung auf Schülerinnen und ihre Berufswahl haben.
Der Stifterverband und andere private wie öffentliche Akteure fordern seit Jahren die Einführung eines Pflichtfaches Informatik an Schulen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Diese im September 2022 veröffentlichte Analyse von repräsentativen Längsschnittdaten der Sekundarstufe I des Nationalen Bildungspanels und Querschnittsdaten der Kultusministerkonferenz zur Belegung aller Oberstufenkurse in Deutschland geht der Frage nach, inwiefern ein Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I zur Chancengleichheit beiträgt. Wie unterscheiden sich Schülerinnen und Schüler aus Bundesländern mit beziehungsweise ohne Pflichtfach Informatik in Bezug auf ihre Kompetenzen und auf die Oberstufenkurswahl Informatik? Kann ein Pflichtfach Informatik Unterschiede zwischen den Geschlechtern und sozialen Schichten ausgleichen oder zumindest abfedern?
Die Analyse zeigt, dass ein Pflichtfach Informatik nicht nur die Kompetenzen aller Schülerinnen und Schüler steigert, sondern dass insbesondere Mädchen dadurch Kompetenzunterschiede zu Jungen ausgleichen können. Ein Pflichtfach Informatik könnte auch Kindern aus niedrigeren Bildungsschichten helfen, Kompetenzrückstände aufholen. Zudem zeigt sich, dass Mädchen in Bundesländern mit Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I häufiger das Wahlfach Informatik in der Oberstufe belegen, was großes Potenzial birgt, mehr Frauen für informatische Berufe gewinnen zu können.
Zum Thema Informatikunterricht sind zwei weitere Diskussionspapiere erschienen: