Die wichtigsten Ergebnisse des Projektes "NEO-Indikatorik":
Der Stifterverband untersucht bereits seit vielen Jahrzehnten im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die FuE-Aktivitäten der Deutschen Wirtschaft. Er stellt dabei Zahlen bereit, die von der Politik, der Wirtschaft und der Wissenschaft gleichermaßen genutzt werden. Internationale Vorgaben von Seiten der OECD (Frascati-Handbuch) machen die Zahlen auch mit anderen Ländern vergleichbar und ermöglichten so zum Beispiel die Definition des 3-Prozent-Ziels (inzwischen 3,5-Prozent-Ziel).
Das große öffentliche Interesse am Thema Forschung und Entwicklung zog es nach sich, dass immer mehr Fragen an die FuE-Statistik gestellt werden, die über die eigentliche Intention der Erhebung hinausgehen und die daher aus der FuE-Statistik auch nicht beantwortet werden können. Daher ergreift das BMBF selbst immer wieder die Initiative, um nicht nur die FuE-Statistik, sondern das gesamte darum herum gewachsene Indikatoriksystem weiterzuentwickeln. Aus einer dieser Initiativen ist das Projekt "NEO-Indikatorik" als Kooperationsprojekt von Stifterverband, FOM Hochschule für Oekonomie und Management, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und der Universität Bremen entstanden. Wir widmen uns im Rahmen dieses Projekts folgenden Fragestellungen:
Im Zentrum der FuE-Erhebung stehen die Indikatoren "Aufwendungen für interne FuE" sowie das "FuE-Personal". Die Logik der FuE-Erhebung ist dabei eine rein quantitative: Je höher die Aufwendungen beziehungsweise je mehr Personal, desto "mehr" FuE wird betrieben. Die genannten Indikatoren haben dabei einige Vorteile:
Daher haben sich diese Indikatoren sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft seit langem durchgesetzt. Wissenschaftliche Untersuchungen werden mit ihnen genauso durchgeführt wie politische Ziele formuliert. Dennoch ist bei genauerem Hinsehen nicht alles Gold, was glänzt:
Dennoch zeigen die Ergebnisse des Projektes "NEO-Indikatorik", dass bei aller Kritik an den Indikatoren der FuE-Erhebung kein Weg an ihnen vorbeigeht. Keiner der aus der Literatur bekannten sehr zahlreichen Indikatoren ist ein Ersatz für die FuE-Erhebung. Sie sind jedoch eine sinnvolle Ergänzung. Daher lauten unsere Vorschläge für die Weiterentwicklung der FuE-Erhebung:
Ein Autohersteller stellt Autos her? Klar tut er das. Aber er beteiligt sich auch an der Entwicklung von alternativen Energieformen oder an der Umwelttechnologie. Umgekehrt kann das Auto nicht gebaut werden, wenn sich die Textilindustrie, Glashersteller oder die chemische Industrie (und noch viele andere) nicht daran beteiligen. Aus diesem kleinen Beispiel sehen wir zweierlei: Zum einen bedarf es einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit um bestimmte Produkte herzustellen. Zum anderen werden Technologien branchenübergreifend entwickelt und verwendet. Die Aussagen der FuE-Erhebung in ihrer klassischen Branchenabgrenzung sind daher an verschiedenen Stellen nicht unproblematisch. Im Jahr 2015 wurden die Unternehmen deshalb erstmals nach den von ihnen verwendeten Technologien gefragt. Nach einigen Anpassungen wird die Frage seit 2017 standardmäßig gestellt. Dabei zeigt sich zum Beispiel, dass die Energieforschung in Deutschland weitaus intensiver betrieben wird als es die Zahlen der Energieversorger aussagen. Hier sind vor allem Elektrotechnik und Maschinenbau führend. Auch die IT-Forschung ist in Deutschland weitaus besser als ihr Ruf. Allerdings sind es nicht unbedingt die reinen IT-Unternehmen, die die Forschung vorantreiben, sondern oftmals Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe.
FuE-Zahlen für Technologien werden in Zukunft von großer Bedeutung sein. Daher ist es wichtig, dass BMBF und Stifterverband diese Frage in die FuE-Erhebung implementiert haben. Sie sollte unbedingt weitergeführt werden. Allerdings ist in diesem Zusammenhang noch zu leisten:
Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, relevante Bereiche ihrer FuE in Innovationsnetzwerken, also in Kooperation mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, zu organisieren. Innovationsnetzwerke als komplexe Beziehungsgeflechte stellen insbesondere in wissensbasierten Technologiefeldern eine wesentliche Erfolgsdeterminante dar. Durch die Mitarbeit in Netzwerken findet ein Transfer von Wissen statt, durch eigene FuE wird die Fähigkeit gestärkt, Wissen aus dem Netzwerk zu absorbieren und intern nutzbar zu machen. Dennoch sind Informationen über die Vernetzung von Akteuren derzeit noch kein Bestandteil der amtlichen Statistik. Das heißt, trotz der hohen Relevanz der Netzwerke für den Innovationserfolg (nicht nur für einzelne Unternehmen, sondern für ganze Cluster und Regionen), erfolgt die Erfassung mittels geeigneter Indikatorik bislang nicht systematisch.
Entsprechend schlagen wir folgende Ergänzungen für die FuE-Erhebung vor:
Die Lebensgeschichte von Unternehmen nachzuvollziehen, ist ein wichtiger Schritt bei der Betrachtung von Innovationsnetzwerken. Bisher wird die Analyseeinheit "Unternehmen" nur statisch dokumentiert. Doch Unternehmen haben eine bewegte Geschichte. Im Laufe der Zeit können Ereignisse wie beispielsweise Übernahme, Zusammenschluss oder Ausgründung die Einheit Unternehmen verändern. Dies führt zu Schwierigkeiten bei einer sauberen Koppelung von wiederholt in Erscheinung tretenden Unternehmen bei der Konstruktion von Paneldatensätzen. Denn diese Unternehmensereignisse führen zu Veränderungen der Firmenpopulation innerhalb eines Industriezweiges oder eines Technologiefeldes. Sie beeinflussen auch die Wissensbasis und somit die FuE-Aktivitäten von Unternehmen.
Daher empfehlen wir im Hinblick auf die Weiterentwicklung der FuE-Erhebung folgende Ergänzungen:
Die Erhebung zu Forschung und Entwicklung im Wirtschaftssektor, die jährlich vom Stifterverband im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt wird, ist Teil der weltweiten FuE-Erhebung. Zusammen mit dem Statistischen Bundesamt liefert der Stifterverband Zahlen zu den FuE-Aktivitäten in Unternehmen, Hochschulen und staatlichen Forschungsinstituten in Deutschland. Vorgaben der OECD und der EU sorgen dafür, dass die Zahlen international vergleichbar sind und als Basis für wissenschaftliche Untersuchungen und die Setzung politischer Ziele dienen können. Veröffentlicht werden die Zahlen vom Stifterverband, dem Statistischen Bundesamt, dem BMBF, der EU, der OECD und der UNESCO.