Politische Steuerungsmöglichkeiten optimieren

Masterplan: Lehrkräftebildung neu gestalten

 

Die wiederkehrenden Zyklen von einem Überangebot und einem (gravierenden) Mangel an Lehrkräften, stark divergierende Prognosen über den zu erwartenden Lehrkräftebedarf und das vorhandene Lehrkräfteangebot, die Schwierigkeiten, eine kohärente phasenübergreifende Lehrkräftebildung zu gewährleisten, die langsame Geschwindigkeit, mit der die Lehrkräftebildung auf Veränderungen in den Schulen reagiert – all das verweist darauf, dass die politisch-administrative Steuerung der Lehrkräftebildung optimiert werden muss.

 

Datenmonitoring verbessern

Aufgrund der langfristigen Konsequenzen bildungspolitischer Entscheidungen sollten diese auf Basis einer möglichst fundierten und zuverlässigen Datenlage getroffen werden. In Bezug auf die Lehrkräftebildung lässt die Datenlage allerdings seit Jahrzehnten zu wünschen übrig. So unterschätzte die KMK den Lehrkräftebedarf für 2020 in der Prognose von 2011 um 65 Prozent und selbst die Prognose von 2015 lag noch 48 Prozent unter dem nur fünf Jahre später tatsächlich vorhandenen Bedarf. Dass der Lehrkräftebedarf bisher nicht fächerspezifisch ausgewiesen wird, reduziert den politischen Steuerungsnutzen weiter. Neben unvorhersehbaren demografischen Entwicklungen wie beispielsweise der gestiegenen Zuwanderung liegt der Hauptgrund für die Unzuverlässigkeit der Prognosen in uneinheitlichen Erhebungsmethoden. Durch mangelnde Digitalisierung wird eine einheitliche Zusammenführung der Daten erschwert und die Fehleranfälligkeit des Prozesses erhöht. Schließlich werden in den offiziellen Bedarfsprognosen der Länder politisch beschlossene und bedarfsrelevante Entwicklungen wie Inklusion oder der Rechtsanspruch auf den Ganztag nicht hinreichend berücksichtigt.

Positiv zu erwähnen ist, dass mit der 2016 begonnen neuen Studienverlaufsstatistik in den kommenden Jahren vertiefte Analysen hinsichtlich des Übergangs zwischen Bachelor- und Masterstudium möglich sein werden. Da an vielen Hochschulen ein Bachelor of Arts/Science den Zugang zu einem Master of Education-Studiengang erlaubt, lässt sich in diesen Fällen jedoch weiterhin nicht eindeutig erfassen, welche Studierende ein Studium mit der Intention "Lehrkraft" zu werden, aufnehmen.
 

Folgende Maßnahmen sind dafür geeignet:

verantwortlich für die Umsetzung:

67. Angebots- und Bedarfsanalysen wissenschaftlich und unabhängig erheben

Kultusministerkonferenz (KMK),
Bildungsministerien der Länder

68. Fachspezifische Bedarfs- und Angebotsprognosen erstellen
Aktuell werden Lehrkräftebedarfs- und Angebotsanalysen lediglich schulformspezifisch aggregiert ausgewiesen. Für eine präzisere Steuerung müssten die Bedarfe für die einzelnen Unterrichtsfächer inklusive der beruflichen und sonderpädagogischen Fachrichtungen erhoben werden.

Kultusministerkonferenz (KMK),
Bildungsministerien der Länder

69. Daten aus dem Vorbereitungsdienst systematisch erheben
Vergleichbar mit der Studienverlaufsstatistik sollten Übergangs- und Schwundquoten des Referendariats systematisch erhoben werden, um eventuellen politischen Handlungsbedarf zu identifizieren und passende Maßnahmen zu entwickeln.

Bildungsministerien der Länder,
Studienseminare,
Statistische Landesämter

70. Qualitatives Monitoring ergänzend durchführen 
Eine systematische Ergänzung quantitativer Erhebungen durch regelmäßige qualitative Untersuchungen zu den Motiven für die Aufnahme und Fortführung eines Lehramtsstudiums würde helfen, ein tiefergehendes Verständnis der Beweggründe angehender Lehrkräfte zu erlangen und entsprechende Maßnahmen abzuleiten.

Kultusministerkonferenz (KMK),
Bildungsministerien der Länder

71. Prozesse des Datenmonitorings digitalisieren und standardisieren  
Durch eine länderübergreifende Standardisierung und Digitalisierung wird die Effektivität der Monitoringprozesse erhöht und ihre Fehleranfälligkeit zu minimiert. Dazu müssen einheitliche Datenformate definiert werden und Plattformen für den Dateneintrag aufgebaut werden. Diese Plattformen sollten die Daten automatisch aggregieren und Schnittstellen zu allen relevanten Behörden bieten. 

Bildungsministerien der Länder,
Statistischer Verbund

72. Daten umfassend offen zur Verfügung stellen
Die relevanten Behörden auf Länder- und kommunaler Ebene sollten durch Schnittstellen einfachen Zugang erhalten, um eine integrierte Nutzung der Daten für innere und äußere schulische Angelegenheiten zu ermöglichen. Für Dritte Nutzer (insbesondere die Forschung und Zivilgesellschaft) sollten die Daten möglichst offen und granular zugänglich gemacht werden.

Bildungsministerien der Länder,
Statistischer Verbund

Politische Steuerungsinstrumente strategisch nutzen

Die Landesregierungen verfügen über zahlreiche politische Instrumente zur strategischen Steuerung der Lehrkräftebildung. Finanzielle Anreize werden jedoch häufig erst spät angesichts gravierender Problemlagen genutzt. Das Potenzial von Zielvereinbarungen wird in Bezug auf die Lehrkräftebildung kaum ausgeschöpft: Sofern die Lehrkräftebildung dort thematisiert wird, geht es zumeist lediglich um die Studienkapazitäten.
 

Folgende Maßnahmen sind geeignet, um finanzielle Anreize und Verpflichtungen strategisch zu nutzen:

verantwortlich für die Umsetzung:

73. Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung stärker nutzen 
In Zielvereinbarungen und Hochschulverträgen sollten verbindliche Absprachen getroffen werden, um der Lehrkräftebildung in den Hochschulen eine prominente Stellung zuzuweisen und wichtige Reformmaßnahmen anzustoßen.

Bildungs- und Wissenschaftsministerien der Länder,
Hochschulen

74. Finanzielle Anreize setzen
Die Entwicklung neuer Lehr-Lern-Formate und didaktischer Ansätze bindet zeitweise viele Ressourcen. Für diesen Mehraufwand sollte es Möglichkeiten der finanziellen Förderungen geschaffen werden. Durch die Bereitstellung von Drittmitteln wird zudem die Sichtbarkeit der Lehrkräftebildung in den Hochschulen erhöht.

Wissenschaftsministerien der Länder 

75. Lehramtsstudierende gezielt mit Stipendien unterstützen 
Stipendien sind eine Maßnahme, um Studierende für ein Studium eines Mangelfaches oder für ein Praxissemester/Referendariat an einer Schule in besonders gesuchten Lagen zu gewinnen. Neben dem finanziellen Anreiz werden sie so auch für tatsächlich gestiegene Mehraufwände wie höherem Studienaufwand, emotionale Belastung oder Fahrtwege entschädigt.

Bildungsministerien der Länder,
Zivilgesellschaft