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Quantentechnologie: Fachkräfte dringend gesucht

Studierende im Quantenlabor
Studierende im Quantenlabor (Foto: Universität des Saarlandes/ Oliver Dietze)
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Nur nicht den Anschluss verpassen: Deutschland soll bereit ein, wenn die Quantentechnologie an Fahrt aufnimmt, wenn Supercomputer und -sensoren wie erhofft einen Innovationssprung in die Unternehmen tragen. Am Budget mangelt es auch dank milliardenschwerer nationaler und EU-weiter Förderprojekte nicht. „Es ist viel Fördergeld da,  viele Firmen überlegen sich, in die Quantentechnologie einzusteigen“, sagt Alexander Holleitner, Physiker an der Technischen Universität München (TUM). „Aber der Arbeitsmarkt ist leer.“ Der Industrie droht ein Mangel an Fachkräften zur Anwendung und Implementierung der vermeintlichen Superkraft.

Hansjörg Dittus, Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) schätzt den Bedarf auf 10.000 bis 15.000 Vollzeitkräfte. Momentan gebe es hingegen nur ein paar hundert. Wie viele Expertinnen und Experten tatsächlich benötigt werden, vermag derzeit niemand genau zu sagen. Noch ist der breite Einzug der Quantentechnologie in die Unternehmen Zukunftsmusik.

Fest steht hingegen, dass Quanten-Wissen auf vielen Ebenen und in unterschiedlichsten Tiefen gefragt sein wird. Die Bandbreite reicht von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die an dem Supercomputer der Zukunft forschen über Informatiker, die ihn programmieren und Führungskräfte in Unternehmen bis hin zum Technikpersonal im Haus, dem ein Grundverständnis der neuen Technologie genügt.

Also drängt die Zeit, das notwendige Wissen zu vermitteln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in den kommenden Jahren im Rahmen von Quantum Futur Education unterschiedlichste Ausbildungsprogramme rund um den Innovationsmotor Quantentechnologie. „Quantum Futur Education“ setzt an mehreren Stellschrauben an: Zum einen sollen für den zeitnahen Bedarf Fachkräfte in Betrieben geschult werden. Andere Projekte richten den Blick in die Zukunft und wenden sich an Schüler und Lehrende: Der Nachwuchs soll frühzeitig in Kontakt mit der modernen Quantentechnologie kommen und Berührungsängste verlieren. 

Generell stehe es ja gar nicht schlecht um den Physikunterricht in deutschen Schulen, sagt Gesche Pospiech von der TU Dresden. „Die klassische Quantenphysik und -theorie hat in der Lehrerausbildung und in der Schule in Deutschland seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert“. Aber, so fügt sie hinzu: „Die moderne Quantentechnologie findet erst langsam Eingang in die Lehrpläne.“ Hier setzt das von ihr geleitete Projekt Quilt an, eines der vom BMBF geförderten Programme. Quilt steht für „Quantentechnologien in der Lehrerbildung mit Transfer in den berufsorientierten Unterricht“. 

Gesche Pospiechs Team will ein Konzept für die Aus- und Weiterbildung für Physiklehrkräfte entwickeln. Es soll in Kooperation mit Firmen Inhalte definieren und Wege aufzeigen, Quantentechnologie im Unterricht anschaulich zu vermitteln und Lust auf mehr machen. Denn die sei kein Nischenthema für Nerds, sondern ein Teil der modernen Welt. „Wenn wir ein Smartphone in der Hand haben, benutzen wir Quantenphysik und Halbleitertechnologie. Es wäre doch sinnvoll, eine Ahnung zu haben, was dort vor sich geht“, sagt Gesche Pospiech. Das große Ziel von Quilt sei nicht in erster Linie, künftige Quantenphysiker aus den Heranwachsenden zu machen, betont sie. „Die Schule hat da auch einen allgemeinbildenden Auftrag.“

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Foto: Die Debatte
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Hintergrund

Der Stifterverband will dazu beitragen, Schlüsselkompe­tenzen für technologischen und gesellschaftlichen Wandel aufzubauen. Dazu gehört auch die Kompetenz­entwicklung im Quanten­computing: Diverse Bildungs­maßnahmen (Akademien, Fellowships, Curriculums­werkstätten) sollen Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulministerien für die Zukunfts­technologie Quanten­computing begeistern.

Quantencomputing nutzt eine neue Generation von Computern, die die Recheneffizienz erweitern und als Schlüsseltechnologie der Zukunft gelten. Mit dem Thema beschäftigt sich aktuell auch das vom Stifterverband geförderte Projekt „Die Debatte“. Dort wurde der hier publizierte Text zuerst veröffentlicht. 

„Die Debatte“ zu Quantentechnologien

„Es ist viel Fördergeld da, viele Firmen überlegen sich, in die Quantentechnologie einzusteigen. Aber der Arbeitsmarkt ist leer.“

Alexander Holleitner
Technischen Universität München
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Foto: Alex Kotliarskyi on Unsplash
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Während das Dresdner Projekt auf den Nachwuchs zielt, sollen in München Fach- und Führungskräfte, die bereits mitten im Berufsleben stehen, durch Weiterbildung mit der Quantentheorie vertraut gemacht werden. Quantum LifeLong Learning (QL3) heißt ein von den Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität gemeinsam entwickeltes Angebot. 

„Es gibt wenig Kurse, die speziell auf den Bedarf der Industrie zugeschnitten sind“, erklärt Alexander Holleitner von der Technischen Universität München. In diese Lücke stoße QL3. Er berichtet, dass ihm aus den unterschiedlichsten Branchen Bedarf an Quantentechnologie-Expertise gemeldet werde. Darunter sind kleine Start-Ups, die im Umfeld der Universitäten entstanden, aber auch große Technologieunternehmen und Autokonzerne. Dort sollen Quantensensoren unter anderem automatisches Fahren alltagstauglich machen. Es geht darum, Hochschulwissen gezielt in die Industrie zu bringen, in anwendungsorientierten Dosen. Die Unternehmen speisen dazu ihre Wünsche und Belange über ein Advisory Board in das Programm ein. Die Münchner Universitäten erstellen derzeit ein Kursangebot, das auf die Bedürfnisse der Industrie zugeschnitten ist – und für die sie auch zahlen soll. 

 

„Unternehmen brauchen rund um die ausgewiesenen Experten Mitarbeiter, die zumindest verstehen, worum es in der Quantentechnologie geht.“

Jan von Delft
Ludwig-Maximilians-Universität München

Natürlich macht ein Seminar keinen Quantentechnologie-Experten aus den Teilnehmenden. Doch das sei ja auch häufig gar nicht nötig, betont Jan von Delft von der beteiligten Ludwig-Maximilians-Universität: „Unternehmen brauchen rund um die ausgewiesenen Experten Mitarbeiter, die zumindest verstehen, worum es in der Quantentechnologie geht.“  Sonst scheitern echte Experten in unternehmensweiten Teammeetings schnell an der Vermittlung ihrer Anliegen. QL3 sei daher ebenso für Leute ohne Physikhintergrund konzipiert, die seitens ihrer Firma an das Gebiet herangeführt werden und mit Physikern zusammen arbeiten sollen. „Das sind zum Beispiel Techniker, Ingenieure oder Computerwissenschaftler, die einen Schnellzugang zur Quantentechnologie auf einer einfachen Ebene brauchen“, sagt Jan von Delft. 

An diese Gruppe wendet sich auch das Forschungszentrum Jülich. Dort hat man ebenfalls mit BMBF-Förderung ein Kursprogramm rund um das Thema Kryotechnik entwickelt. Sie wird benötigt, um Kältesysteme zur Kühlung für Quantencomputer zu entwickeln. Mithilfe von Kryogenie können Temperaturen unter Minus 150 Grad gedrückt werden. Sollten einst Quantencomputer Einzug in Unternehmen halten, braucht man entsprechendes Kälte-Know-how.

Kurzum: Wissen über Quantentechnologie ist auf allen Ebenen gefragt. Das spüren die Universitäten auch in ihren „echten“ Studiengängen. Die beiden Münchner Hochschulen haben bereits vor zwei Jahren gemeinsam das Masterprogramm „Quantum Science and Technology“ ins Leben gerufen. Die hohen Bewerberzahlen zeigten, dass sie damit richtig liegen, sagt Alexander Holleitner. Der erste Studierende hat im Sommer in Rekordzeit seinen Abschluss gemacht. Um eine Anstellung muss sich er sich wohl keine Gedanken machen.

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