Wie ambiguitätstolerant muss ich eigentlich noch werden? Viel zu lange werden massive Probleme verdrängt, vertagt, kleingeredet und die zunehmenden Mängel und Zumutungen mehr oder weniger effizient verwaltet. Da man das alles aber jetzt wirklich auch mal transformieren müsste, wirft man in Deutschland ganz gerne nach guter alter Benchmark-Manier den Blick über Bande (also Frank Thelen) in das glorreiche Silicon Valley – eine spritzige, agile Welt voller Flugtaxis, Blockchains und Metaversen.
Doch ausgerechnet die prominentesten Protagonisten dieser „Silicon Bubble“ fallen momentan eher durch ausgeprägte Eskapismusfantasien auf als durch pragmatische Gegenwartslösungen. Mark Zuckerberg träumt von einem 24/7-Metaversum, in der wir die klobigen, vollgeschwitzten VR-Brillen im ranzigen Homeoffice gar nicht mehr absetzen müssen, vor allem nicht beim Shopping von virtuellen „Items“. Jeff Bezos düst kerosinbetankt in den Weltraum, einfach weil er es kann, genau wie Elon Musk, der sich aber auch schon zur Sicherheit alternativ unter die Erde gräbt. Peter Thiel hat offenbar von allem die Schnauze voll und will mit Privatstädten endlich eine unternehmerisch adäquate Struktur schaffen – ohne diese lästigen Auswüchse sozialliberaler Demokratien. Diese Träume der mittelalten weißen Männer färben leider auch ein wenig ab. Als „neuer heißer Scheiß“ werden von einigen Digitalexperten mittlerweile auch hierzulande sogenannte NFTs gehandelt, die in Zeiten einer globalen Klimakatastrophe unter unfassbarem Energieaufwand ja, welche drängenden Probleme denn jetzt eigentlich genau noch mal lösen sollen?