Ostwestfalen gilt als ein bisschen langweilig und farblos. Das bekommen vor allem die Bielefelder zu spüren, die sich immer wieder den unverwüstlichen Spruch anhören müssen, es gebe ihre Stadt eigentlich gar nicht. Die Bürger der Ostwestfalen-Metropole nehmen es mit Humor – denn es gibt vieles, auf das sie stolz sind. Dazu gehören nicht nur der Teutoburger Wald, wirtschaftsstarke Unternehmen wie Dr. Oetker oder die vielen Hidden Champions aus dem Mittelstand, sondern auch die Wissenschaft, genauer: die Hochschulen der Stadt. Die Universität Bielefeld und die Fachhochschule sowie fünf weitere, teils private Hochschulen bringen es zusammen auf rund 39.000 Studierende, gut 550 Professoren, einige Spitzencluster, Sonderforschungsbereiche und Graduiertenschulen. Die 1968 gegründete Reformuniversität brachte Internationalität und bedeutende Geister wie etwa den Soziologen Niklas Luhmann in die ein wenig verschlafen wirkende Stadt.
„Dass Bielefeld als Großstadt wahrgenommen wird, hat es auch seinen Hochschulen zu verdanken“, sagt Giovanni Fusarelli. Gemeinsam mit einer Kollegin leitet er das Wissenschaftsbüro. Es ist eine Einrichtung der Bielefeld Marketing GmbH, einer 51-prozentigen Tochter der Stadt. Fusarelli und seine Kollegen arbeiten am Imagewechsel ihrer Heimat. Seit zehn Jahren gibt es das Büro, vor drei Jahren wurde aus einem befristeten Projekt, das um sein Budget kämpfen muss, eine fest finanzierte Dauereinrichtung – mit dem Ziel, einerseits den Dialog zwischen Wissenschaft und Bürgern zu fördern, andererseits die strategische Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bei Stadtentwicklungsfragen anzuschieben. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) habe die Wissenschaft vor ein paar Jahren ausdrücklich in die Stadtentwicklungsstrategie aufgenommen und zur Chefsache erklärt, sagt Fusarelli.
Alle drei Jahre findet das einwöchige Science-Festival GENIALE statt und gibt Einblicke in die Bielefelder Forschung – über die ganze Stadt verteilt und mit zuletzt 60.000 Besuchern. Bis 2025 wird Bielefeld über eine Milliarde Euro in seinen etwas außerhalb auf der grünen Wiese gelegenen Hochschulcampus investieren, auf dem jeden Sommer auch ein Musikfestival stattfindet. Und demnächst soll die Stadt mitten im Zentrum auch ein Haus der Wissenschaft – die WissensWerkStadt Bielefeld – bekommen. Fusarelli und seine Kollegen erarbeiten ein Konzept dafür; neben Experten beteiligen sich auch interessierte Bürger mit Ideen daran.