Im Fördernetzwerk "Entrepreneurial Skills" des Stifterverbandes, der Dieter Schwarz Stiftung und der Campus Founders in Kooperation mit der Allianz SE haben Hochschulvertreterinnen und -vertreter über mehrere Monate gemeinsam Lösungen und Ansätze entwickelt, wie Entrepreneurial Skills als Querschnitts- oder Zukunftskompetenzen strukturell in die Hochschulen integriert werden können.
Ausgehend von identifizierten Herausforderungen der über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden elf Thesen zur Entwicklung erfolgreicher, nachhaltiger Entrepreneurship Education entwickelt und in einem co-kreativen Prozess durch einen breiten Kreis von weiteren Expertinnen und Experten ergänzt. Sie dienen als Orientierungshilfe, um Lehrende und Hochschulleitungen bei der Ausgestaltung ihrer Entrepreneurship-Education-Formate zu unterstützen.
Mario Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. im Bundesministerium für Bildung und Forschung, hat die Schirmherrschaft über die Entrepreneurial Skills Charta übernommen:
"Als Bundesministerium für Bildung und Forschung wollen wir mehr Innovationen in die Anwendung bringen. Dafür müssen wir die Ausgründungskultur in den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken. Wir brauchen mehr unternehmerisches Denken, um Chancen nicht nur zu schaffen, sondern auch zu nutzen. Mit der Entrepreneurial Skills Charta hat der Stifterverband hierzu eine wichtige Initiative ins Leben gerufen. Sie ermöglicht, Entrepreneurial Skills als Querschnitts- oder Zukunftskompetenzen strukturell in die Hochschulen zu integrieren. Die Charta bietet wichtiges Orientierungswissen, um Lehrende und Hochschulleitungen bei der Ausgestaltung von Entrepreneurship-Education-Formaten zu unterstützen. Über 60 Hochschulen und Einrichtungen haben die Charta bereits unterzeichnet. Das ist ein wichtiges Signal. Gerne sollen es noch viel mehr werden. Dafür werbe ich als Schirmherr der Charta."
Hochschulen, Institutionen und Initiativen sind eingeladen,
die Entrepreneurial Skills Charta zu unterzeichnen.
Schicken Sie uns eine E-Mail mit einer formlosen Bestätigung der
Leitung Ihres Hauses, um in der Liste der Unterzeichnerinnen und
Unterzeichner genannt zu werden.
Entrepreneurship ist die Fähigkeit, Chancen zu nutzen sowie Ideen zu entwickeln und diese zu einem Mehrwert für andere zu gestalten. Dieser Mehrwert kann finanzieller, kultureller oder sozialer Natur sein (1). Entrepreneurship Education umfasst dabei eine Vielzahl von zukunftsrelevanten Kompetenzen (2), die das unternehmerische Denken und Handeln fördern. Zu den Kompetenzen zählen die Fähigkeit Chancen wahrzunehmen, Kreativität, visionäres Denken, Nachhaltigkeitskompetenz, die Fähigkeit, Ressourcen zu mobilisieren, sich und andere zu motivieren, sowie ökonomische Kompetenzen. Darüber hinaus umfassen Entrepreneurial Skills Führungs-, Urteils-, Problemlösungs-, und Reflexionskompetenzen, aber auch die Bereitschaft, Risiken einzugehen, Kooperationen anzustreben und in interdisziplinären Teams zu arbeiten sowie unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. Entrepreneurial Skills rücken eine tatkräftige, praxisorientierte Mentalität sowie Eigeninitiative und Selbstwirksamkeit in den Mittelpunkt der Hochschulbildung. Sie sind zentrale Kompetenzen zur Lösung aktueller und künftiger Herausforderungen und zur aktiven Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft unter Einfluss von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA). Sie befähigen Menschen dazu, aktuelle und zukünftig relevante Probleme zu lösen, sowie Ideen erfolgreich umzusetzen. Die Entwicklung von Entrepreneurial Skills fördert damit das Verständnis des Einzelnen für das spätere Arbeits- und Sozialumfeld und hilft dabei, die Chancen zu nutzen, die sich nicht nur im täglichen Leben oder in der Gesellschaft, sondern auch und vor allem am Arbeitsplatz bieten. Entrepreneurial Skills sollten daher ins Studium integriert werden und sind nicht nur für Gründerinnen und Gründer (Entrepreneurship), sondern auch für Angestellte aller Branchen (Intrapreneurship), sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschende essenziell. Entrepreneurial Skills sind ein unverzichtbarer Teil einer zukunftsorientierten und interdisziplinären Ausbildung an Hochschulen und Universitäten.
(1) European Union. EntreComp: The Entrepreneurship Competence Framework. Luxembourg (Luxembourg): Publications Office of the European Union; 2018.
(2) Angelehnt an Suessenbach, F., Winde, M., Klier, J., & Kirchherr, J. (2021). Future Skills 2021: 21 Kompetenzen für eine Welt im Wandel. Stifterverband e.V.
Die Wirksamkeit von Entrepreneurship Education muss durch eine systematische und wissenschaftliche Begleitung gemessen werden. Eine fundierte wissenschaftliche Datenbasis dient der Legitimation, Qualitätssicherung und Kommunikation erfolgreicher Entrepreneurship Education. Die Durchführung von langfristigen Studien zur Wirksamkeit und Erfolgsmodellen von Entrepreneurship Education im Hochschulkontext, die über die punktuelle Befragung von Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern hinausgeht, gilt es, zu stärken. Dafür braucht es eine institutionenübergreifende wissenschaftliche Zusammenarbeit, eine breite Datengrundlage, das Bereitstellen und Teilen von Open Data, die Entwicklung gemeinsamer KPIs, sowie ggfs. eine übergeordnete Struktur zur Koordination. Zur Datenerhebung sollte auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung neuer Methoden jenseits der pre-post Befragung; zum Beispiel der Ausbau von Methoden, die Kompetenzen messbar machen, berücksichtigt werden. Ziel ist die Etablierung gemeinsamer Standards hin zu einem gemeinsamen Framework für die langfristige Wirkungsmessung und damit der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von Entrepreneurship Education. Der Ausbau und die Unterstützung der Vernetzungsbestrebungen der wissenschaftlichen Community, die zu Entrepreneurship Education forscht, ist dabei förderlich.
Entrepreneurship Education nimmt die Lernende bzw. den Lernenden in den Fokus und setzt auf eine praxisorientierte Vermittlung der Inhalte mittels innovativer Methoden. Die Lehrinhalte müssen so aufbereitet sein und umgesetzt werden, dass sie einen hohen Grad an Authentizität und Relevanz für die Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden aufweisen. Die Lernziele der Vermittlung einer Vielzahl von Entrepreneurial Skills (siehe These 1) können durch die Nutzung aktivierender, lernendenzentrierter und ganzheitlicher Methoden am besten erreicht werden. Hierbei sind didaktische Ansätze zielführend, die sich auf die Anwendung von Wissen in realen Kontexten konzentrieren; dazu gehören erprobte Ansätze, wie das Problem-Based-Learning oder das Inquiry-Based-Learning sowie aktuelle Varianten, wie das Challenge-Based-Learning oder das Phenomenon-Based-Learning. Darüber hinaus sind Methoden wie Service Learning und Citizen Science von Bedeutung, die die gesellschaftliche Verantwortung mit fachlichem Lernen kombinieren und die Brücke zu Transfer und Praxis jenseits der Hochschulgrenzen schlagen (siehe auch These 7). Die Nutzung weiterer aktivierender und zielgruppenorientierter Methoden wie zum Beispiel Lean Startup, Open Co-Innovation oder Design Thinking kann dabei auch die Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden ansprechen, die zunächst Berührungsängste beim Thema Entrepreneurship und Gründung haben. Häufig verbreitete Vorurteile ("Ich brauche das doch nur, wenn ich ein Start-up gründen will") und Hemmnisse ("Ich traue mir Gründen nicht zu") können und müssen dabei gezielt adressiert und abgebaut werden. Es bietet sich an, diese Kurse durch Elemente neuartiger Lehrformate, wie beispielsweise "Flipped Classroom" oder Peer/Team-Learning, zu bereichern, um Selbstlernphasen mit Teamarbeit zu kombinieren und selbstbestimmtes Arbeiten zu unterstützen.
Bei der Entwicklung erfolgreicher Entrepreneurship-Education-Angebote müssen die Bedarfe der Zielgruppen (zum Beispiel Studierende, Alumni oder Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschende) und weiterer Stakeholder (zum Beispiel Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) berücksichtigt werden. Die Bedarfe der Zielgruppen können variieren, wodurch es umso wichtiger wird, fortlaufend Feedback und Impulse dieser einzubeziehen. Bei der Planung müssen zum Beispiel die Fragen gestellt werden: Was begeistert die Zielgruppen und inwiefern lässt sich diese Begeisterung mit der fachlichen Entwicklung verbinden? oder: Welche Werte vertritt die Zielgruppe und wie können diese sich in den Angeboten spiegeln? Wie können die Ansprüche unterschiedlicher Zielgruppen verzahnt und miteinander vereinbart werden? Diese Fragen müssen nicht nur gestellt, sondern auch validiert werden. So können die Formate prototypisch und vor allem nutzerzentriert weiterentwickelt werden. Themen, die nah an der Lebenswirklichkeit und dem Alltag der Zielgruppen (Nachhaltigkeit, Digitalisierung, urbanes/rurales Leben o.ä.) sind, können ein sinnvoller Weg zur Vermittlung der unternehmerischen Kompetenzen sein. Durch die so gegebene Praxisnähe erfahren die Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden den unmittelbaren Nutzen von Entrepreneurial Skills für sich und ihre weitere persönliche Entwicklung. Eine kontinuierliche und offene Evaluierung rückt die Bedürfnisse der Zielgruppen in den Mittelpunkt und setzt somit eine Lernendenzentrierung als handlungsleitendes Konzept um. Damit werden die nötige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Entrepreneurship Formate gewährleistet.
Die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe verdeutlicht erste Besonderheiten. Es empfiehlt sich, ein hochschulweites Rahmenkonzept für Entrepreneurship Education (Welche Kompetenzen sollen Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschende erwerben? Welche Methoden eignen sich für die Vermittlung? etc.) zu entwickeln und dieses dann fachspezifisch anzupassen. Es ist wichtig, disziplinspezifisch zu arbeiten und die zu vermittelnden Fähigkeiten sinnvoll mit Fachinhalten zu ergänzen, sowie die Rahmenbedingungen je nach den Bedarfen der jeweiligen Zielgruppe anzupassen. Dies beginnt zum Beispiel mit einer fachgerechten Sprache. So müssen Studierende von MINT-Studiengängen anders angesprochen werden als zum Beispiel Studierende der Geisteswissenschaften oder Creative Industries. Auch die Anforderungen an die benötigte digitale und analoge Infrastruktur zur Entwicklung von Prototypen variieren. Grundsätzlich wird ein Mindestmaß an Infrastruktur für die Entwicklung von Ideen und Erprobung von Prototypen benötigt. Die Vermittlung von Entrepreneurial Skills hat auch Implikationen für die Lerninfrastruktur; es bedarf weniger Vorlesungssäle und mehr Räume für Projekt- und Gruppenarbeiten sowie Experimente.
Neben der strategischen Priorisierung von Entrepreneurship Education durch die Hochschulleitung, sollte das Thema auch umsetzungsorientiert an weiterer Stelle in der Hochschule zentral oder dezentral verankert werden. Die Form dieser Organisationseinheit kann unterschiedlicher Natur sein. So kann die Verantwortung für das Thema Entrepreneurship Education bei einer Entrepreneurship Professur bzw. eines Lehrstuhls liegen, oder bei einem zentralen Zentrum, dem Gründungsservice, oder einer koordinierenden Dach-Institution, die die dezentralen Aktivitäten zusammenführt. Aufgrund der unterschiedlichsten Anforderungen und Profile jeder Hochschule, sollte jede Hochschule die passende, hochschulspezifische Verankerung finden. Bei der Entwicklung einer solchen Organisationseinheit sollte vom Ziel und Inhalt dieser Funktion gedacht werden. Gleichzeitig braucht es eine Offenheit für notwendige organisationsstrukturelle Veränderungen, um die nachhaltige Etablierung von Entrepreneurship Education fakultätsübergreifend sicherzustellen.
Neben der Identifikation und dem Ausbau von Schnittstellen zu Transfer, Forschung und Gründungsservice (siehe These 7), gilt es Entrepreneurship Education als wichtiges Thema in der Lehre zukunftsfähig zu gestalten und nachhaltig zu etablieren. Dafür darf das Angebot nicht auf die Wirtschaftsfakultäten beschränkt werden, denn Entrepreneurial Skills als Zukunftskompetenzen sind fakultätsübergreifend relevant für Studierende aller Studiengänge. Daher müssen auch Lehrende anderer Studiengänge für die Vermittlung von Entrepreneurial Skills sensibilisiert und qualifiziert werden. Die Integration solcher Ansätze kann dabei zum Beispiel niedrigschwellig mit fachspezifischen Themen und Fragestellungen in Lehr-/Lernsettings verschränkt werden. Maßgeblich fördernd für dieses Vorhaben ist das Einbeziehen und das Engagement der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger an den Hochschulen. Diese können Anreize und unterstützende Rahmenbedingungen für Lehrende schaffen, die sich im Bereich Entrepreneurship Education weiterqualifizieren und engagieren wollen, etwa durch Qualifizierungsangebote, Lehrdeputatsreduktionen oder ein "Gründungs-Freisemester". Darüber hinaus kann die Ermöglichung flexibler Prüfungsformen oder die Anerkennung von Modulen anderer Studiengänge eine sinnvolle Maßnahme sein, um Entrepreneurship Angebote strukturell und in der Breite zu implementieren.
Entrepreneurship Education muss als Schnittstellenthema entwickelt und als Baustein forschungsorientierter, innovationsfördernder und kompetenzorientierter Lehre etabliert werden. Daher muss die Zusammenarbeit mit anderen Organisationseinheiten, wie dem Gründungsservice, den Transferstellen und Forschenden (siehe auch These 6) gewährleistet und weiterentwickelt werden. Für die Etablierung von Entrepreneurship Education als Schnittstellenthema braucht es die Förderung der Interdisziplinarität von Entrepreneurship Education in Forschung und Lehre. Die Gestaltung einer erfolgreichen Entrepreneurship Education basiert auf der Verbindung zur Forschung und der Integration forschungsbasierter Ideen in die Lehre. Dafür müssen Formate etabliert werden, die die gegenseitige Befruchtung von Forschung und Lehre ermöglichen und zum Beispiel forschungsbasierte Ideen in Entrepreneurship Seminaren aufgreifen. Das ermöglicht zum einen das Lernen an "echten Cases", zum anderen ermöglicht es auch Ansätze in Richtung Open Innovation. Darüber hinaus ist die Schnittstelle zur Wirtschaft, wie beispielsweise durch die Einbindung von Start-ups und Kooperationspartner aus dem Mittelstand in die Entrepreneurship Education wichtig. Damit wird auch im Sinne von Open Innovation, die Öffnung nach außen, wie innen vorangetrieben, Wissen ausgetauscht und ungenutzte Möglichkeitsräume können erschlossen werden.
Neben der Schnittstelle zur Forschung muss Entrepreneurship Education mit einem Transfer einhergehen und den Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden ein weiterer Weg aufgezeigt werden. Die vermittelten Kompetenzen und der praktische Bezug in der Lehre schafft es, einen Teil der Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden für eine mögliche Ausgründung zu begeistern. So entsteht ein "Funnel", der mit der entsprechenden Betreuung (bspw. durch einen Gründungsservice) den möglichen Karriereweg als Unternehmerin oder Unternehmer ebnet.
Die Vermittlung von Entrepreneurial Skills bedarf einer Transformation der Lehr- und Lernkultur. Die Konzepte, die einem kontinuierlichen Wandel unterliegen, Organisations- und Fachgrenzen überwinden und sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren, eine Fehlerkultur etablieren und Lehre und Lernen auf Augenhöhe ermöglichen, reflektieren einige etablierte Strukturen in der Lehre und Verwaltung sowie Routinen der Weiterentwicklung von Lehre. Auf diesem Weg leisten Formate der Entrepreneurship Education einen positiven Beitrag für die Weiterentwicklung des Selbstverständnisses der Hochschulen und sind neben Lehre und Forschung ein Pfeiler der Transferstrategie, die in Wirtschaft und Zivilgesellschaft wirkt. Die Integration von Entrepreneurial Skills lässt sich nur durchsetzen, wenn die Hochschulen und Studiengänge neue Lehrmethoden und -inhalte fördern und offen für Veränderungen sind. Daher muss ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der curricularen Verankerung von Entrepreneurship Education bei den Lehrenden und der Hochschulleitung geschaffen werden. Darüber hinaus bedarf es bei der Entwicklung einer Entrepreneurship-Kultur ein strategisches Kernverständnis von Entrepreneurship Education, das im Zusammenhang mit dem spezifischem Entrepreneurship-Profil der Hochschule definiert werden muss. Schulungen und Weiterbildungen zu dieser Thematik sind wichtige Elemente zur Förderung dieses Kulturwandels. Ein weiteres mögliches Instrument, um zur Entwicklung der unternehmerischen Kultur und Integration von Entrepreneurship Education beizutragen, kann die Schaffung eines Entrepreneurship Beirats als beratendes Gremium an der Hochschule sein.
Um Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschende in der Breite zu erreichen, ist die curriculare Verankerung ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Entrepreneurship Education. Nur so wird sichergestellt, dass alle Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschende Entrepreneurial Skills entwickeln können. Darüber hinaus trägt eine strukturelle, curriculare Verankerung dazu bei, dass Lehrende explizit für Entrepreneurship Education eingesetzt werden und entsprechende Strukturen geschaffen und nachhaltig verankert werden. Erst diese Struktur macht eine wirkungsvolle Vermittlung möglich.
Es gibt verschiedene Ansätze, um Entrepreneurship Education strukturell curricular zu verankern. Die Integration von Entrepreneurship Education in übergreifende Schlüsselqualifikationsmodule ist zum Beispiel eine niedrigschwellige Möglichkeit, ein curriculares Angebot in der Breite zu schaffen. Für eine nachhaltige und tiefgehende Integration von Zukunftskompetenzen muss die strukturelle Verankerung zum Beispiel durch eine Anpassung der Qualifikationsziele der Studiengänge oder von Modulrahmen- und Prüfungsordnungen (zum Beispiel die Anerkennung eines Businessplans statt Hausarbeit) adressiert werden. Die Anrechenbarkeit von Entrepreneurship Kursen anderer Fächer und von Entrepreneurship Zertifikaten mit ECTS ist ein weiteres Instrument, um Anreize für Studierende zu schaffen, interdisziplinär zu arbeiten und Entrepreneurship Kurse zu belegen. Darüber hinaus ist auch eine Anerkennung einer Gründung als Praktikum oder die bewusste Förderung von Pflichtpraktika in Start-ups eine Möglichkeit, unternehmerisches Denken und Handeln bei Studierenden zu incentivieren. Grundsätzlich können und sollten Hochschulen bei der Entwicklung und Integration von Entrepreneurial Skills Angeboten auf bestehende Erfahrungen und Vorbilder an anderen Hochschulen, zum Beispiel in Form von Open Educational Resources, hochschulübergreifenden Train-the-Trainer Angeboten oder Hochschulnetzwerken zurückgreifen.
Erfolgreiche Entrepreneurship Education ist sowohl intern als auch extern eine Gemeinschaftsaufgabe und funktioniert als Teil eines Ökosystems. Entrepreneurship Education versteht sich als Querschnittsaufgabe. Entrepreneurial Skills sollten keiner einzelnen Fachrichtung zugeordnet werden. Der Schlüssel liegt vielmehr in der Interdisziplinarität. So können Hochschulen den Erfolg des Kompetenzaufbaus maßgeblich verbessern, indem sie Fakultäten und Fachrichtungen verbinden und fächerübergreifend lehren. Außerdem sollten diverse Teams geschaffen und gefördert werden, denn Arbeiten in interdisziplinären und diversen Teams bereitet die Studierenden, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Forschenden dabei nicht nur auf die Lebensrealität des 21. Jahrhunderts vor, sondern führt auch zu besseren Arbeitsergebnissen und effektiven Problemlösungen aufgrund der Vielfältigkeit von Ideen, Perspektiven und Fähigkeiten. Dabei spielen Vorbilder eine große Rolle. Lehrende mit vielfältigen Hintergründen und die Repräsentation von weiblichen Entrepreneurinnen, sowie PoC-Entrepreneurs tragen zur erhöhten Sichtbarkeit, Sensibilisierung sowie Identifikation der diversen Zielgruppen bei und spiegeln die diverse Realität wider.
Auch die Schaffung von Möglichkeiten für interdisziplinäre Lehre, zum Beispiel in Form von Co-Teaching ist ein wichtiges Instrument zur Förderung von Interdisziplinarität. Entrepreneurship Education fördert zudem die kooperative Zusammenarbeit mit externen Stakeholdern. Erfolgreiche Entrepreneurship Education arbeitet mit Partnern und Unternehmen zusammen. Es müssen daher gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um Hochschulen und Universitäten bei der Zusammenarbeit in Netzwerken zu unterstützen, bestehende Synergien zu nutzen und neue Initiativen anzustoßen – so können wir Hochschulen gemeinsam gestalten.
Entrepreneurship Education bedeutet auch das Erlernen und Erfahren von Problemlösungsfähigkeiten im Dreieck von Digitalisierung, Ökonomie und Nachhaltigkeit. Neben den ökonomischen und zukunftsrelevanten Kompetenzen (siehe These 1) umfasst Entrepreneurship Education die Kompetenzen zur Nachhaltigkeit, welche Systemdenken, Antizipation, normative Kompetenz, Zusammenarbeit, kritisches Denken und Selbsterkenntnis beinhalten. Auch Digitalisierung und Zukunftstechnologien bieten neue (Innovations-) Möglichkeiten, gerade wenn unternehmerisches Denken und Handeln im nachhaltigen und sozialen Kontext zum Einsatz kommen. Entrepreneurship Education umfasst entsprechend auch die Befähigung, digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle für eine soziale und nachhaltige Gesellschaft entwickeln zu können. Damit bedeutet Entrepreneurship Education die Bildung für gesellschaftliche Verantwortung, indem sie in einem weiten Kontext gestaltet wird, der alternative Formen wie Social Entrepreneurship oder generell gemeinwohlorientierte unternehmerische Initiativen mitberücksichtigt. Entrepreneure der Zukunft haben verstanden, dass diese drei Säulen – Digitalisierung, Ökonomie, Nachhaltigkeit – Ressourcen für neue unternehmerische Potenziale sind, mit denen unternehmerische Ideen entwickelt und durchgesetzt werden. Um die zukünftigen Entrepreneure dazu zu befähigen, braucht es eine Entrepreneurship Education, die von Personen betrieben wird, die praxisorientierte Lehre mit wissenschaftlichen Erkenntnissen der Entrepreneurship Education Forschung in diesem Dreieck verbinden.
Mit Unterstützung von Hochschulvertreterinnen und -vertretern:
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser elf Thesen für erfolgreiche Entrepreneurship Education werden Maßnahmen ergreifen, dieses Verständnis von Entrepreneurship Education zu verbreiten und die dazugehörigen Kompetenzen strukturell und curricular zu integrieren. Sie rufen andere Akteurinnen und Akteure auf, dies in ihrem Wirkungsbereich ebenso zu tun.
Die Institutionen und Initiativen (in alphabetischer Reihgenfolge):
Stand: 12. September 2024
ist Programmmanagerin im Bereich
"Programm und Förderung".
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